Neujahrsfest in Shanghai
Die Familie Song aus Shanghai macht chinesische Maultaschen und andere Köstlichkeiten. Wir schauen dabei zu.
Yunlong Song wohnt in der Schweiz, seine Eltern leben in Shanghai. Zum Frühlingsfest kehrt er nach China zurück und feiert mit seiner Familie gemeinsam dieses traditionelle Fest.
Das Frühlingsfest oder chunjie, auch chinesisches Neujahr genannt, ist für die Chinesen das wichtigste Fest des Jahres. Es wird nach dem traditionellen chinesischen Kalender berechnet (dem „Mondkalender“ oder nongli) und findet im Januar oder Februar statt. Fast alle Chinesen kehren dafür an ihren Heimatort und zu ihren Eltern zurück, um im Kreise der Grossfamilie zu feiern. Flugzeuge und Züge sind brechend voll: Die Medien berichten jedes Jahr über diese in ihren Dimensionen einzigartigen Massenmigrationen.
Während des Frühlingsfests macht jede Familie etwas Traditionelles zu essen, etwas, das es nicht jeden Tag gibt. Am beliebtesten sind Hühnchen, Ente und Fisch: So kommt sowohl etwas aus der Luft und aus dem Wasser als auch etwas, das auf dem Boden lebt, auf den Tisch. Damit verbinden Chinesen die Hoffnung, dass das Leben im nächsten Jahr reichhaltig und vielfältig wird. In Shanghai darf ausserdem ein aus Reis hergestellter Neujahrskuchen nicht fehlen. Die Idee dahinter ist ein Wortspiel, denn das Wort für „Kuchen“ und jenes für „hoch“ werden gleich ausgesprochen – nämlich gao. Und so klingt „Neujahrskuchen“ fast so wie „möge das Jahr hoch sein“: Man hofft auf steigendes Einkommen, eine höhere berufliche Position oder auch nur darauf, dass die Kinder wachsen.
Gemeinsam Maultaschen (jiaozi) zu stopfen ist eine Aktivität, die am Vorabend des Frühlingsfests nicht fehlen darf. Zuerst wird ein Teig aus Mehl hergestellt und dann mit einer Füllung gefüllt, die aus Fleisch, Ei, Crevetten oder Gemüse der Saison bestehen kann. Nach alter Sitte werden Jiaozi in Wasser gekocht und anschliessend in Essig, Sojasauce, Sesamöl und gehackten Knoblauch gestippt und gegessen.
Die Neujahrs-Jiaozi werden mit symbolträchtigen Zutaten gefüllt. Erdnüsse etwa stehen für langes Leben, Datteln für Süsse und Maroni für Glück. Sogar Münzen werden in der Füllung versteckt, damit der, der beim Essen draufbeisst, im nächsten Jahr reich wird und seine Geschäfte gut laufen. Alle wollen natürlich das Jiaozi mit dem Geld bekommen, aber beim Essen muss man aufpassen und vorsichtig kauen, damit sich der Segen nicht in einen Fluch verkehrt!
Bevor es losgeht, müssen die Gerichte des Festmahls auf dem Hausaltar den Geistern und Ahnen „geopfert“ werden. Je nach Datum gibt es verschiedene strenge Vorschriften, wie die Geister gerufen oder verabschiedet werden.
Für das diesjährige Essen hat meine älteste Schwester den Kochlöffel geschwungen. Sie hat sich weit im voraus die Gerichte überlegt und alle Zutaten parat gestellt, wobei sie sich an den Vorlieben der Familie orientiert hat. Abends hat sie dann alles gekocht.