Pork Joint in Mbarara
Obwohl die Region für ihre Watussi-Langhornrinder bekannt ist, hatte ich beim letzten Besuch vor fünf Jahren darauf bestanden, für 25 Gäste Schweinebauch zu kochen. Anscheinend war es mir gut gelungen. Gleich bei unserer Ankunft beauftragte mich Auntie Miriam, für das nächste Abendessen Schweinefleisch zuzubereiten.
Es ist Mitte Dezember, und ich bin auf Familienbesuch in Ugandas Rinderhauptstadt Mbarara, 170 Kilometer südlich des Äquators. Vor fünf Jahren hatten wir unsere letzten Weihnachten hier verbracht. Obwohl die Region für ihre Watussi-Langhornrinder bekannt ist, hatte ich damals darauf bestanden, für 25 Gäste Schweinebauch, das traditionelle norwegische Weihnachtsgericht, zu kochen. Anscheinend war es mir gut gelungen, denn gleich bei unserer Ankunft beauftragte mich Auntie Miriam, für das Abendessen am nächsten Tag Schweinefleisch zuzubereiten.
Immer wieder wird vor dem Verzehr von Schweinefleisch in heissen Dritte-Welt-Ländern gewarnt. Die grösste Sorge ist der Bandwurmbefall, und das mit gutem Grund. In Uganda hängen die Fleischer ihr Fleisch bei Zimmertemperatur zum Verkauf auf. Altern ist ausser Frage, so dass es meistens frisch und zäh wie Leder ist. Ausserdem wird eher Ziegen- und Rindfleisch verkauft; Schweinefleisch ist kaum im Angebot, weil man wegen des wachsenden Anteils der muslimischen Bevölkerung befürchtet, Kundschaft zu verlieren, doch in den meisten ugandischen Städten finden sich noch Läden für Liebhaber. Sie heissen sehr treffend „Pork Joint“ (joint heisst Gelenk, aber auch Laden oder Klub) und verkaufen rohes oder gegartes Schweinefleisch. Meistens sind sie in irgendeiner Seitenstrasse versteckt.
In Mbarara gingen wir in denselben „Pork Joint“, den ich fünf Jahre vorher ausfindig gemacht hatte: den Nyarushanje Pub. Mit einer Kneipe hat das nur wenig gemeinsam: ein schäbiger Raum mit einer Handvoll abgenutzter Stühle, von der Decke blättert Farbe und in einem brummenden Kühlschrank stehen Bierflaschen – Nile, Tusker und Bell. Kein Vergleich zu den Kneipen in New York mit 20 handgebrauten Bieren vom Fass, die ich so gern mag.
Zum Fleisch geht es durch die Kneipe auf den Hof. Der Boden besteht aus gestampfter roter Erde, wie es für die Region typisch ist. Im Hof steht eine kleine Lehmhütte mit einem einzigen Fenster und einem schmalen Eingang. Die Wände sind schwarz vor Rauch, der aus dem Fenster strömt. Ich werfe einen Blick hinein und sehe grosse rosafarbene Fleischstücke von der Decke hängen. Der Rauch stammt von einer Feuerstelle im Raum. Bei dieser Konservierungsmethode wird die Haut des Schweins getrocknet und versiegelt, sodass die Fliegen dort nicht ihre Eier ablegen können. In der Lehmhütte ist es etwa fünf bis zehn Grad Celsius wärmer als draussen, das heißt bis zu kochenden 35 Grad.
Der Fleischer begrüsst mich mit einem breiten Lächeln und einem grossen Messer in der rechten Hand. Ich bitte ihn um eine Schweineschulter. Aus der Lehmhütte schleppt er ein Stück mit Rippen und allem Drum und Dran herbei: 15 Kilo Tierfleisch. Ich werde genauer: ein Schulterstück von ungefähr vier Kilo. Er grinst und verschwindet wieder in der Hütte. Jetzt kommt er mit einem kleineren Schulterstück heraus, genau vier Kilo schwer. Perfekt. Ich frage, ob es auch frisch sei. Mit beiden Händen gestikulierend, in der einen noch das Messer, versichert er mir, dass das Tier erst am Morgen gestorben sei. Er verlangt 36.000 Ugandaschillinge dafür, ich gebe ihm 35.000. Er lächelt kurz und packt das Fleisch in eine Tüte, so dass der abgetrennte Stumpf herausragt.
Bei Auntie zu Hause lege ich das Stück mit der Haut nach unten in den Gefrierschrank; die gefrorene Haut lässt sich mit dem stumpfen Messer, das ich hier habe, leichter schneiden. Nach ungefähr einer Stunde ist die Haut hart und ich schneide ein Gittermuster von zwei mal zwei Zentimeter hinein. In die Einschnitte reibe ich reichlich Salz und eine Gewürzmischung, die ich auf dem Markt geholt habe: Korianderkörner, Zimt, Nelken und Kardamom, eine traditionelle Mischung für Reispilaw. Aber auch zu meinem weihnachtlichen Schweinebraten passt sie perfekt. Ich drehe das Stück um, mit der Fleisch/Knochen-Seite nach oben, und verfahre genauso, allerdings kommen dieses Mal noch etwas Chili und frischer Tangerinensaft dazu. Zuletzt hacke ich zwei rote Zwiebeln, verteile sie in einer Ofenform von fünf Zentimeter Tiefe und giesse drei Zentimeter Wasser darüber. Die Schulter wird dann mit der Haut nach unten in die Form gelegt und mit Aluminiumfolie bedeckt. Die Form kommt bei etwas mehr als 180 Grad in den Backofen.
Nach etwa 90 Minuten schaue ich nach dem Braten. Jede Menge köstlicher Bratenfond brodelt in der Pfanne. Mit dem Löffel gebe ich den Fond in einen anderen Topf und schiebe den Braten wieder in den Ofen, immer noch zugedeckt. Er muss noch ungefähr sechs Stunden langsam garen.
Es wird Zeit für die Beilagen. Ich mache Butternusskürbis mit Erdnüssen, rote Rüben und Grüne-Bohnen-Salat und auch eine Pilzsauce zu dem Fleisch.
Die Erdnüsse kommen aus dem kleinen Garten hinter Auntie Miriams Haus. Suki, meine sechsjährige Tochter, hilft Auntie jetzt beim Nüsseschälen. Es ist eine gesellige Betätigung; sie reden, lachen, schälen und kosten. Die meisten Schalen enthalten zwei oder drei Nüsse. Die beiden Schälerinnen beschliessen, dass man sich bei vier Nüssen etwas wünschen darf, die ugandische Variante des vierblättrigen Kleeblatts. Suki wird immer schneller; mit ihren kleinen Fingern knackt sie geschickt die Schale, um zu sehen, wie viele Nüsse sich darin versteckt halten. Als der geflochtene Korb voll ist, hat sie sich schon drei Mal etwas wünschen können.
Auch Cousine Winnie ist schwer beschäftigt. Sie bereitet einen Avocadosalat zu und einige traditionelle ugandische Gerichte wie Grüne-Erbsen-Eintopf, pürierter Gobe, der aus den spinatartigen Blättern einer kleinen Bohnenpflanze besteht, und gedampftes Matoke, das regionale Standardgericht aus leckeren Kochbananen.
Es gibt zwei Küchen, eine mit Gasbackofen im Haus, die andere mit einem kohlebeheizten Backofen draussen. Winnie und ich laufen zwischen den beiden hin und her.
Die Erdnüsse röste ich mit Salz in einer Pfanne und stelle sie dann zur Seite. Der geschälte und gewürfelte Butternusskürbis brutzelt und gart jetzt in der Pfanne. Für die reduzierte Sauce giesse ich immer wieder den Schweinebratenfond in einen anderen Topf auf dem Herd. Dann presse ich vier Tangerinen und werfe eine Handvoll getrocknete Pilze mit hinein. Nebenbei schäle und würfele ich eineinhalb Kilo Rüben und vermenge sie mit Öl und Essig. Ich gebe sie in einen anderen Topf, den ich mit einem Deckel abdecke. Sobald die Rüben weich sind, füge ich die grünen Bohnen hinzu und träufle den Saft einer Zitrone über die Mischung.
Das Fleisch ist fast fertig. Ich drehe es mit der Haut nach oben, drehe die Hitze auf 280 Grad hoch und entferne die Aluminiumfolie, mit der es bedeckt ist.
Nach etwa 30 Minuten sehe ich wieder nach dem Braten, der im Backofen blubbert. Leider will die Haut trotz einiger Knallgeräusche einfach nicht knusprig werden. Jetzt sehe ich, dass der Gasbackofen keine Grillfunktion hat, und so gebe ich es auf, die Kruste kross braten zu wollen. Ich nehme das Fleisch aus dem Ofen und lasse es fünf Minuten abkühlen. Währenddessen mache ich die Beilagen fertig. Ich zerstosse die Erdnüsse grob und mische sie mit dem Kürbis. Die violettfarbenen Nüsse setzen sich schön von dem orangefarbenen Kürbis ab. Auch die grünen Bohnen bilden einen deutlichen Kontrast zu den violetten Rüben.
Ich würze die Schulter mit Salz und Koriander, Zimt, Nelken und Kardamom.