Kartoffel
Die ursprünglich aus den Anden stammende Kartoffel ist heute die in der Lebensmittelindustrie meistverwendete Knolle. Von den Inkas ab dem 13. Jh. angebaut, brachten die Spanier sie im 16. Jh. nach Europa. Zunächst an europäischen Höfen als Zierpflanze genutzt, kam sie ab dem 18. Jh. als Notmahlzeit in Kriegszeiten auf die Teller.
Nahrungsmittel oder Zierde? Die Einführung in Europa
Ab dem 13. Jh. entwickelten die Inka als Ernährungsgrundlage den Kartoffelanbau in den Anden. Die spanischen Konquistadoren brachten die Kartoffel drei Jahrhunderte später nach Europa, wo sie wegen mangelnder Kenntnisse über Anbau und Zubereitung zunächst nur selten gegessen wurde. Die Wohlhabenden kultivierten sie als Zierpflanze in den Gärten, Armen und Tieren diente sie zur Nahrung. Da die Knolle zu den Nachtschattengewächsen gehört, wie auch die giftige Tollkirsche, der Stechapfel und die ‚Zauberpflanze‘ Alraune mit in hohen Dosen halluzinatorischer, sogar tödlicher Wirkung, schien ihr Vezehr zweifelhaft. Während die irischen Katholiken die Kartoffeln segneten, ehe sie sie am Karfreitag pflanzten, nahmen die englischen Protestanten Abstand, da die Bibel sie nicht erwähnt.
Dennoch wurde die Kartoffel seit dem 18. Jh. in Europa immer populärer, nachdem sie insbesondere während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) den Hunger effizient hatte bekämpfen helfen. Sie ist derzeit die in der Lebensmittelindustrie meistverwendete Knolle und – neben dem Getreide – das wichtigste Nahrungsmittel weltweit.
Klimafest
Die Kartoffel wird auf Feldern angepflanzt. Ob in intensiver oder extensiver Kultur – sie passt sich allen klimatischen Bedingungen vom Hochplateau in Peru bis zur Ganges-Ebene an. Der Anbau beginnt mit der Bearbeitung und Düngung des Bodens; die Saatkartoffel wird im Ganzen oder geschnitten gesetzt – in ausreichendem Abstand zu anderen Pflanzen mit denselben Anfälligkeiten um Kontaminierung zu vermeiden. Während der Blüten- und Knollenbildung reagiert die Kartoffel empfindlich auf längere Nässe- oder Trockenperioden. Um regelmässige Knollenreife zu garantieren und die Gefahr von Parasiten- oder Krankheitsbefall (beispielsweise Mehltau) zu bannen, wird das Pflanzkraut (Stängel und Blätter) einige Wochen vor der Ernte mechanisch oder thermisch vernichtet.
Eine sortenreiche Knolle
Die nahrhafte Knolle der Kartoffel enthält Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralien. Die Pflanze kann bis zu einem Meter gross werden. Die Blätter sind mit kleinen Haaren besetzt, die Blüten weiss, rosa oder violett mit einem Hauch von Gelb. Die Pflanze produziert als Früchte zudem kleine grüne Beeren mit den Samen zur Fortpflanzung, die für den Menschen giftig sind. Essbar sind nur die Knollen an den Enden des unterirdischen Wurzelgeflechts, die Nährstoffreserve der Pflanze. Die Kartoffel, seit Jahrhunderten weltweit angebaut und geschätzt, kommt in zahllosen Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften, Anbauweisen, Formen und Verwendungsweisen vor. Die Sorte Vitelotte, seit Anfang des 19. Jhs. bekannt, unterscheidet sich z.B. durch die auf einen erhöhten Anthocyaningehalt zurückgehende violette Farbe von Schale und Fleisch; sie bleibt auch beim Kochen erhalten. Die Vitelotte-Kartoffel ermöglicht, Eintöpfe, Pürees, Chips und Pommes Frites mit einem besonderen Farbton herzustellen. Alexandre Dumas, der Autor der Drei Musketiere, schrieb in seinem Grand Dictionnaire de Cuisine aus dem Jahr 1873 über Kartoffeln: „Die besten von allen sind unwidersprochen die violetten, die selbst den roten vorzuziehen und in Paris unter dem Namen Vitelottes (sic) bekannt sind“.
Kartoffelmangel und Hunger
In Irland führte Mehltaubefall zu einem abrupten Produktions- und Konsumstopp von Kartoffeln und damit zu einer der grossen Hungersnöte des 19. Jhs. Zwischen 1845 und 1852 starben zwei Millionen Menschen, d.h. ein Viertel der Bevölkerung Irlands, an Hunger; eine weitere Million wanderte in die USA aus, um dem Hunger zu entgehen.
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