Baumzucht-techniken
Die Obstbaumkultur beginnt schon in der Jungsteinzeit, als die Menschen sesshaft wurden und Landwirtschaft und Viehzucht entwickelten. Die Anlage von Obstgärten wirkt sich langfristig auf ein Stück Land aus. Stecklingsvermehrung, Veredelung, Beschneiden und Bewässern werden bis heute als Techniken des Obstanbaus eingesetzt. Sie gehen aber auf die ersten grossen Zivilisationen der Antike zurück.
Tausend Jahre biotechnologische Praxis
Die Obstbaumzucht entstand zur Jungsteinzeit vor 12 000 Jahren als Teil der Landwirtschaft und parallel zur Viehhaltung. Mit Recht lässt sich von einer Frühform der Biotechnologie sprechen: Die Menschen begannen, lebende Organismen einzuordnen und zu verändern, um sie bedarfsgerecht umzugestalten. Die ersten angebauten Obstbäume waren einheimische Arten. Der Austausch mit anderen Zivilisationen und die Perfektionierung von Fertigkeiten erbrachten nach und nach weitere Arten.
Die heute eingesetzten Obstbaumtechniken gehen auf die grossen Zivilisationen der Antike zurück: China, Mesopotamien und Ägypten. Sie nutzten die natürlichen Fortpflanzungsmethoden für Holzgewächse: die vegetative Vermehrung, d.h. Klonen durch Aufpropfen.
In Griechenland diskutierte um 450 v.u.Z. die medizinische Schule des Hippokrates das Pfropfen, das aber schon ein Jahrtausend früher in China bekannt gewesen sein soll. Es hat zur Ausbreitung von in gemässigtem Klima gedeihenden Obstbäumen – Apfel, Birne und Pflaumen – beigetragen.
In Mesopotamien fand die künstliche Bestäubung Eingang in den Codex Hammurabi, ein babylonisches Gesetz um 1750 v.u.Z. Zeitgleich wurden die Obstbaumbeschneidung und komplexe Bewässerungssysteme perfektioniert.
Die Spaliertechnik (Kultivierung an Gerüsten) war schon den Ägyptern bekannt, wie Feigenbaumdarstellungen in Gräbern um 1400 v.u.Z. beweisen. Im mittelalterlichen Europa übernahmen Mönche diese Praxis, die bis heute eingesetzt wird.
Baumpflanzen – eine Sache der Geduld
Die Baumzucht benötigt genauere Planung und komplexere Techniken als Getreideanbau. Denn die Anlage eines Obstgartens hat langfristige Auswirkungen auf das kultivierte Land. Manche Sorten benötigen zudem Jahre, bis sie Früchte tragen.
Zunächst wird der Kultivar – eine künstlich erzeugte und angebaute Kulturpflanzen-Sorte – dem Klima entsprechend ausgewählt. Um ihn anzubauen, könnte nun einfach Samen ausgesät werden, aber der Baum wüchse zu langsam und die Qualität der Früchte wäre ungewiss. Deshalb wird Reproduktion durch Klonen bevorzugt. Dazu gibt es zwei Techniken. Hobbygärtner entscheiden sich für die einfachere, aber auch langsamere Vermehrung durch Stecklinge, während Baumschulen das kompliziertere, aber rentablere Pfropfen wählen.
Um einen Steckling zu ziehen, wird der zu vermehrenden Pflanze eine Triebspitze entnommen. Diese wird in einen Topf mit Erde gesteckt, damit sie Wurzeln treibt und sich zu einem neuen Baum entwickelt - einem Klon des ersten. Beim Pfropfen wird der Steckling (Pfröpfling) in eine Gastpflanze (Unterlage) eingebracht, damit beide miteinander verwachsen und sich gemeinsam weiterentwickeln. Die durch Pfropfen erhaltenen Früchte sind oft grösser und süsser als die aus Stecklingen gezogener Bäume. Dafür sind aber gute technische Fertigkeiten sowie die Kenntnis der Kompatibilität von Pfröpfling und Unterlage Voraussetzung.
Form und Fruchtbildung der Bäume werden durch Beschneiden von Zweigen und Knospen beeinflusst. Durch das Schneiden zum Spalier entsteht zum Beispiel eine flache Krone. Der Baum braucht weniger Platz und erhält gleichzeitig eine optimale Sonnenbestrahlung. So kann er direkt an einer Wand wachsen, die die tags gespeicherte Wärme nachts abgibt. Dadurch bildet der Baum süssere Früchte. Diese Technik hilft zudem kälteempfindlichen Arten in raueren Klimazonen zu überleben.
Der Einsatz von Insektiziden und Fungiziden sowie regelmässige Bewässerung ergänzen diese Zuchtmethoden, indem sie Wachstum fördern und Krankheitsrisiken senken. Ziel aller Massnahmen ist eine optimale Ernte.
Manuelle und maschinelle Werkzeuge
Totes Holz und unregelmässige Zweige werden mit einem Astschneider, einer langen Schere zum Ausschneiden, oder einer Säge entfernt. Die motorgetriebene Gartenschere dient dazu, den Baum in eine optimale Form zu schneiden. Um Stecklinge zu ziehen, wählt man eine manuelle Gartenschere.
Für die Ernte gibt es geeignete Werkzeuge: lange „Stangen“, um die Früchte zum Fallen zu bringen, Erntenetze, Leitern sowie mechanische Hilfsmittel wie maschinelle Obstsauger.
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