Tee - Quelle eines langen Lebens
Die chinesische Pflanzenheilkunde listete Tee gleich, kaum war er entdeckt, als Medikament gegen verschiedene Leiden. Man dachte sogar, er verlangsame das Altern oder mache die Menschheit unsterblich. In Europa half Tee angeblich bei Gicht, und Ärzte sahen in ihm ein ‚göttliches‘ Getränk. Noch heute finden sich auf Verpackungen solch ‚sagenhafte‘ Eigenschaften als Verkaufsargument, auch wenn die Wissenschaft dies nur teilweise stützt.
Das ‚göttliche Kraut‘ – ein Elixier der Unsterblichkeit
Chinesische Legenden berichten von der Entdeckung des Tees als gesundheitsfördernde Pflanze. Eine erzählt, wie Kaiser Sheng Nong (2737 bis 2697 v.u.Z) auf der Suche nach einem Heilmittel gegen eine tödliche Seuche den Tee fand. Er kostete 72 verschiedene Pflanzen, darunter Teeblätter, die seinen Körper klar und durchsichtig machten. Erste Schriftquellen stammen aus dem 1. Jh. v.u.Z.; sie beschreiben Tee als Unsterblichkeits-Elixier, wobei sie sich auf den Begründer des Taoismus, Laotse, beziehen.
Zur Tang-Zeit (618-907) begannen taoistische und buddhistische Mönche das Teetrinken. Sie schätzten das beim Meditieren nützliche Getränk, weil es vorm Einschlafen bewahrte. Zwischen 760 und 780 verfasste der chinesische Philosoph Lu Yu das erste, ausschliesslich dem Tee gewidmete Buch: Chá jīng oder Der Tee-Klassiker. Es stellt dessen verschiedene Aspekte dar – etwa mit Blick auf die Gesundheit: hilfreich bei trockenen Augen, Gelenkbeschwerden oder Brustschmerzen. Lu Yu glaubte jedoch, dass nur Tee bester Qualität hilft. Am falschen Ort, zur falschen Zeit gepflückt, ohne Sorgfalt oder mit falschen Kräutern zubereitet, löst Tee im Geggenteil Krankheiten aus. Auch das Wasser spielt bei der Zubereitung eine wichtige Rolle: Das beste ist Gebirgswasser, besonders das von Stalaktiten tropfende – es gilt ebenfalls als Mittel zur Lebensverlängerung. Lu Yu zitierte zudem den Eremiten Hu, nach dem bitterer Tee nach längerer Zeit den Menschen in ein geflügeltes, d.h. unsterbliches Wesen verwandelt.
In Japan verfasste der Mönch Eisai (1141-1215), fasziniert vom Tee, Kissa Yôjôki oder Abhandlung über den Tee und die Bewahrung der Gesundheit. Er bezweifelte nicht die Vorzüge des Getränks: Tee sei ein Elixier zur Bewahrung der Gesundheit und Lebensverlängerung im höheren Alter. Auch Gedichte stimmen das Hohe Lied des Tees an. Der Gesang von den sieben Schalen Tee des chinesischen Dichters Lu Tong hatte in Japan überwältigenden Erfolg, wo er ein Grundelement der Teezeremonie wurde. In diesem Gedicht hat jede Schale eine besondere Wirkung (beruhigend, reinigend, erfrischend usw.); die sechste Schale vereint den Dichter mit den Unsterblichen.
In Europa gilt Tee – abgesehen von kritischen Stimmen – als wohltuendes Getränk. Forscher und jesuitische Missionare berichten: Tee sei ‚extrem gesund‘, verlangsame die Alterung und beuge der Gicht vor. Auch Ärzte sind von seinen Vorzügen überzeugt. Die Faszination für das exotische Getränk betrifft den gesamten Alten Kontinent, die Berichte sind voll des Lobes. Im Jahr 1659 bezeichnet Doktor Denis Joncquet den Tee als „göttliches Kraut, in dem sich alle Säfte des Ambrosius wiederfinden“.
Das Getränk verbreitet sich und sein medizinischer Gebrauch tritt hinter den eher genussorientierten Konsum zurück. Im 19. Jh., als Tee in Frankreich noch den Damen in den Salons der gehobenen Gesellschaft vorbehalten war, begeisterte sich in Grossbritannien bereits die gesamte Bevölkerung für das Getränk und verbrauchte mehr als 30 Millionen Kilogramm pro Jahr.
Aktuelle wissenschaftliche Studien zu den Vorzügen des Tees
Dass Tee die Lebensdauer verlängere, gilt heute als Verkaufsargument. Einige Marken betonen die positive Gesundheitswirkung als Reaktion auf die Erwartung der um Wohlbefinden und Umwelt besorgten Verbraucher. Die chinesische Medizin sieht grünen Tee als wohltuendes Getränk, die Japaner betrachten ihn als Basis hoher Lebenserwartung. Allerdings bestätigen nur wenige wissenschaftliche Studien eine direkte, anhaltende Wirkung auf die Gesundheit oder langes Leben. Tee ist jedoch reich an Polyphenolen und Catechinen, zwei chemische Verbindungen mit oxidationshemmender Wirkung. Indem sie den zellschädigenden oxidativen Stress reduzieren, verhüten oder hemmen sie bestimmte Leiden, besonders Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
CHA SANGMANEE, Kitti, DONZEL, Catherine, MELCHIOR-DURAND, Stéphane, STELLA, Alain, 1996. L’ABCdaire du thé. Paris : Flammarion.
YiI, Sabine, JUMEAU-LAFOND, Jacques, WALSH, Michel, 1990. Le livre de l’amateur de thé. Paris : Robert Laffont.
PERRIER-ROBERT, Annie, 1999. Le thé. Paris : Éditions du Chêne.
BUTEL, Paul, 1989. Histoire du thé. Paris : Éditions Desjonquères.
TOUSSAINT-SAMAT, Maguelonne, 1997. Histoire naturelle et morale de la nourriture. France : Larousse.
YU, Lu, 2015. Le classique du thé. Paris : Éditions Payot & Rivages
VITAUX, Jean, 2009. La mondialisation à table. Presses Universitaires de France : Paris.
HIGDON, Jane V., FREI, Balz, 2003 Tea Catechins and Polyphenols: Health Effects, Metabolism, and Antioxidant Functions, Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 43:1, 89-143, DOI: 10.1080/10408690390826464
PETERS, Ulrike, POOLE, Charles, et ARAB, Lenore, 2001, Does tea affect cardiovascular disease? A meta-analysis. American Journal of Epidemiology, 2001, vol. 154, no 6, p. 495-503. DOI:10.1093/aje/154.6.495
https://academic.oup.com/aje/article-lookup/doi/10.1093/aje/154.6.495
ONAKPOYA, Igho, SPENCER, E., HENEGHAN, C., et THOMPSON, M., 2014, The effect of green tea on blood pressure and lipid profile: a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials. Nutrition, Metabolism and Cardiovascular Diseases, 2014, vol. 24, no 8, p. 823-836. DOI:10.1016/j.numecd.2014.01.016