Halal im Einklang mit Natur und Umwelt
In der westlichen Welt lassen eine Vielzahl von Halal-Produkten und ein fehlender internationaler Standard muslimische Verbraucher hinsichtlich eines möglichen Lebensmittelbetrugs misstrauisch werden. Unabhängige Organisationen wie z.B. À Votre Service („Zu Ihren Diensten“) haben sich gegründet, um Verbraucher bei Lebensmittelauswahl und Ernährungsverhalten zu beraten. Ihr Hauptanliegen, die Rückverfolgbarkeit von Produkten, entwickelte sich zur ethischen Frage und zum Anspruch, im Einklang mit der Umwelt zu ursprünglichen Produktionsverfahren zurückzukehren.
Moderne Verbraucher und verantwortungsbewusste Ernährung
Im Ausspruch des französischen Gastrosophen Brillat-Savarin „Sage mir, was du isst, und ich sage dir, was du bist“ drückt sich sehr gut der Einfluss der Ernährung auf das Individuum und die Gesellschaft aus. Der Teller spiegelt auch das geltende Wertesystem wider. Die Entscheidung, welches Essen auf den Teller kommt, resultiert entweder aus einer ethischen Haltung oder aus einem reflektierten Sozialverhalten. So verhält es sich heutzutage auch bei jungen Muslimen. Angesichts der Fülle von Halal-Zertifizierungen gestaltet sich die Rückverfolgbarkeit der Produkte problematisch. Das Bemühen, sowohl die Herkunft wie auch die Verarbeitung eines Produkts zu kennen, gehört zum Bild des modernen Verbrauchers. Er interessiert sich mehr und mehr dafür, welche Spuren ein Nahrungsmittel in seinem Körper und in der Umwelt hinterlässt.
Verbraucherorganisationen
Gemeinnützige, muslimische Organisationen wurden gegründet, um dem Verbraucher im Etiketten-Dschungel den Weg zu weisen. Die bekannteste unter ihnen ist A Votre Service (AVS), die gleichzeitig noch die Aufgabe einer Kontroll-, Beurkundungs- und Zertifizierungsstelle für Halal-Fleisch ausübt. Obwohl sie nur 4 % des Halal-Fleischmarktes in Frankreich kontrolliert, übt sie wegen ihrer Unabhängigkeit gegenüber staatlichen und religiösen Einrichtungen sowie der Industrie vor allem auf junge Muslime grossen Einfluss aus. Dem Wunsch nach Transparenz entsprechend nutzt sie das Internet als Hauptinformationsmittel, um Lebensmittelbetrug öffentlich zu machen, und propagiert die Rückkehr zu ursprünglichen Produktionsweisen für halal und eine verantwortungsbewusste Ernährung. Als Organisation setzt sie sich gegen übermässigen Fleischverzehr sowie generell gegen Verschwendung ein und wirbt für Nahrungsmittel aus biologischem Anbau. Ihre Sicht auf das Thema halal ist sehr universell. Denn sie ist Teil eines spirituellen und ökologischen Netzwerks, das sich im Einklang mit der Natur sieht. Insoweit reicht ihr Einfluss auch über die Grenzen der Religion hinweg.
Wunsch nach einem Einheitsmodell
Nahrungsmittelproduzenten in Malaysia, das zum Kernland der Halal-Zertifizierung geworden ist, veranstalten unter staatlicher Schirmherrschaft jährlich eine internationale Halal-Messe (Malaysian International Halal Showcase). Diese Veranstaltung zielt darauf ab, innerhalb der weltweiten Lebensmittelindustrie Vertrauen in einen einheitlichen Halal-Zertifizierung-Standard zu schaffen. Ihr Modell soll sich auf ethische Praktiken des nachhaltigen und fairen Handels stützen, Gesundheitsauflagen beachten und das Wohl von Natur und Tier, von Erzeuger und Verbraucher achten.
Site Mihas.com [en ligne], salon professionnel de producteurs halal. [Consulté le 18 septembre 2015]. Disponible à l’adresse : http://www.mihas.com.my
BERGEAUD-BLACKLER, Florence, BERNARD, Bruno, 2010. Comprendre le halal. Guide pratique. Liège : Edi Pro.
RODIER, Christine, 2014. La question halal. Sociologie d’une consommation controversée. Paris : PUF.