Eva und die verbotene Frucht
Das Alte Testament erzählt von den Stammeltern Adam und Eva. Sie lebten unschuldig im Paradies, bis die Schlange (der Teufel) sie verführte, die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Des Ungehorsams schuldig vertreibt Gott sie aus dem Paradies. Warum nennt der Bibeltext die verbotene Frucht einen Apfel?
Die Bibel (Genesis 3) berichtet die Geschichte von Adam, dem ersten, von Gott geschaffenen Menschen, und seiner Frau Eva, die Gott aus dessen Rippe bildete. Sie leben im Garten Eden gottesfürchtig, bis die Schlange, die schlauer war als alle anderen Tiere, die Frau in Versuchung führt. Sie sprach: „Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen?“ Eva antwortete: „Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben.“ Die Schlange erwiderte: „Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiss vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.“ Daraufhin wollte Eva verständig werden und ass die Frucht des Baumes und gab auch Adam davon zu essen. „Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren.“ Als Gott in den Garten kam, versteckten sie sich vor ihm. Daran erkannte er, dass sie Früchte des Baumes der Erkenntnis gegessen hatten und verwies sie aus dem Paradies: „Zu Adam sprach er: Weil du auf deine Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem zu essen ich dir verboten hatte: So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen. / Unter Mühsal wirst du von ihm essen / alle Tage deines Lebens. Dornen und Disteln lässt er dir wachsen / und die Pflanzen des Feldes musst du essen. Im Schweiβe deines Angesichts / sollst du dein Brot essen, / bis du zurückkehrst zum Ackerboden; / von ihm bist du ja genommen. / Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.“ Nach dem Sündenfall nannte Adam seine Frau Eva (hebräisch: Leben), was auf sie als Stammmutter aller Menschen verweist.
Dieses Ereignis bezeichnet die Theologie als Sündenfall. Er besteht darin, dass die Menschen gegen Gottes Gebot von der Frucht, die Gut und Böse unterscheiden lässt, gegessen haben. Die Bibel spricht nicht von einem Apfel – in frühchristlicher Kunst finden sich stattdessen Sündenfalldarstellungen mit der Feige. Eingang in dieses christliche Thema fand der Apfel durch die Erinnerung an die antiken Paradiesäpfel oder auch erst durch die lateinische Bibelübersetzung. Lateinisch heisst das Böse ‘malum’. ‘Malus’ heisst aber zugleich der Apfel. Das weist entweder auf einen Übersetzerirrtum oder auf bewusstes Spiel mit dem Doppelsinn des Wortes hin. Auf einer der frühesten Sündenfalldarstellungen in der Katakombe von S.Gennaro in Neapel aus dem 2. Jh. n.u.Z. findet sich bereits der Apfel.
Nach christlicher Auffassung kam damit die Ursünde oder Erbsünde in die Welt: jeder Mensch wird als Nachkomme Adams in diese Sünde hineingeboren. Sie zieht aber auch eine Verbindung vom Baum der Erkenntnis zur Heilsgeschichte des Menschen. Der Baum wird gleichgesetzt mit dem kosmischen, dem Weltbaum, der „von der Erde bis zum Himmel reicht“ und „als Baum des Lebens, auf dem Kalvarienberg gepflanzt“ ist. Jesus geht den Leidensweg als Opfer, um den Menschen von dieser Sünde zu erlösen. Insofern ist Jesus der neue Adam. Adam ist der Ungehorsame, weil er vom verbotenen Baum isst, Jesus der Gehorsame, der sich an den Baumstamm des Kreuzes schlagen lässt, um Adams Sünde zu sühnen. In Mittelalter und Neuzeit findet sich der Apfel als Ausdruck der Überwindung der Erbsünde oft dargestellt als Schlange mit dem Apfel im Mund – so im Englischen Gruss von Veit Stoss (Lorenzkirche, Nürnberg). Auch Madonnendarstellungen zeigen häufig den Apfel, da Maria als neue Eva die überwundene Sünde symbolisiert.
Quellen:
- Buch Genesis, zit. nach https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen3.html [11.04.2017]
- Liselotte Stauch, Apfel, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. I (1935), Sp. 748–751; in: RDK Labor, URL: http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89425>[21.10.2016]
- Original: Mircea Eliade, Histoire des croyances et des idées religieuses, Édition Payot, Pris 1978, 1992
- Deutsche Ausgabe: Mircea Eliade, Geschichte der Religiösen Ideen, 4 Bände, Freiburg (Herder) 1979