Apfel – Symbol von Schönheit und Zwist
In der westlichen Welt gilt der Apfel als Frucht schlechthin. Seit der Antike wird er gern gegessen. In zahlreichen Erzählungen steht er als ambivalentes Symbol: zugleich für Unsterblichkeitsversprechen und für Zwietracht (Zankapfel). Als Nahrungsmittel ist er wegen Geschmack, Nährwert sowie medizinischen und ernährungsphysiologischen Vorzügen geschätzt.
Eine symbolträchtige Frucht
Seit der Antike sind die reichlich vorhandenen Äpfel Teil der täglichen Nahrung. Im Griechischen, Englischen und Französischen steht sein Name ganz allgemein für Obst. In der westlichen Welt ist er die durststillende und nahrhafte Frucht schlechthin. In der Ernährung gelten Äpfel als Zeichen von Gesundheit, aber auch von ewiger Jugend und Unsterblichkeit. Er ging in heidnische Mythen, in die biblische Geschichte, in volkstümliche Märchen und Sagen ein; die kollektive Vorstellung verbindet ihn als starkes, ambivalentes Symbol mit Verführung und Weiblichkeit.
In der griechischen Mythologie lösen die goldenen Äpfel der Hesperiden die Begehrlichkeiten von Göttern und Sterblichen aus. Die Urgöttin Gaia überreichte sie Hera und Zeus als Hochzeitsgeschenk; sie werden gehütet von den Hesperiden, den Töchtern der Nacht, und dem hundertköpfigen, nie schlafenden Drachen Ladon. Sie gewähren Unsterblichkeit; wer von ihnen isst, wird weder Hunger, Durst, Leid noch Krankheit verspüren. Nach einer Version des Mythos bemächtigte sich Eris, die Göttin der Zwietracht, eines der Äpfel und versteckte ihn aus Wut, nicht zur Hochzeit von Thetis und Peleus eingeladen worden zu sein, im Hochzeitsmahl. Seine Widmung „Der Schönsten“ sorgte für Aufruhr in der Hochzeitsgesellschaft.
Paris sollte den Streit beenden und die schönste Göttin bestimmen. Das Urteil des Paris schenkte den goldenen Apfel der Liebesgötting Aphrodite, die ihm dafür die schöne Helena von Sparta zur Frau versprach und so den Trojanischen Krieg auslöste. Ein anderer griechischer Mythos lässt Herakles (der in der römischen Mythologie Herkules heisst) dieselben Äpfel dem Drachen Ladon entreissen, um eine der zwölf Arbeiten zu verrichten, die ihm der König Eurystheus auferlegt hatte. Lug, einer der wichtigsten keltischen Götter, wird mit drei Äpfeln in der Hand dargestellt als Zeichen von Unsterblichkeit, Macht und Wohlstand. In der jüngeren Edda (oder: Snorra-Edda), einer Dichtung der skandinavischen Mythologie des 13. Jhs., wacht die Göttin Iðunn über die Äpfel der Unsterblichkeit, die Nahrung der Götter. Der Riese Þjazi entfernt sie gewaltsam von Asgard; nach diesem Raub altern die Götter.
In der christlichen Tradition, verursacht durch eine Sinnverschiebung in der Vulgata (der lateinischen Bibelübersetzung), vertritt der Apfelbaum den Baum der Erkenntnis und der Versuchung; er kausiert den menschlichen Sündenfall, als Adam und Eva die verbotene Frucht kosten. Im volkstümlichen Märchen beisst Schneewittchen naiv in einen vergifteten Apfel, doch ihrem Tod folgt die Auferstehung.
Ernährungsphysiologische und medizinische Vorzüge
Der Apfel wird wegen seiner geschmacklichen und ernährungsphysiologischen Vorzüge geschätzt. Roh oder gekocht hat er in der westlichen Welt in süss-sauren Gerichten oder schmackhaften Gebäck- und Dessertvariationen seinen festen Platz.
Daneben bringt er Nutzen für Medizin und Kosmetik. Die Pommade (von Französisch la pomme, der Apfel) war im Mittelalter eine aus Apfelfruchtfleisch und Fett hergestellte Salbe zur Pflege von Haut und Haar. Die medizinischen Vorzüge des Apfels spiegeln sich noch immer in alltäglichen Gewohnheiten und volkstümlichen Ausdrücken. Die Behauptung, Äpfel beugten Karies vor, wird heute angesichts seines hohen Zuckergehalts kontrovers gesehen. Aber Abbeissen massiert das Zahnfleisch. Roh statt als Mus oder Saft gegessen sättigt er schneller. Wie die meisten Obstsorten ist der Apfel eine gute Vitamin-, Ballaststoff- und Mineralienquelle. Das englische Sprichwort ‚jeden Tag ein Apfel hält den Arzt fern‘ kennt jedermann.
Das ‘Apfel’-Menü: der Erfolg eines multinationalen Konzerns
Bis heute sind Äpfel vielfältige und suggestive Symbole. In der Werbung steht er für Gesundheit, Jugend, Wissen oder Verlockung. Eines der bekanntesten Logos ist das der US-amerikanischen Computerfirma Apple,. Laut Walter Isaacson, Biograf des Mitgründers und langjärigen CEO Steve Jobs, wurde das Unternehmen rein zufällig nach der Frucht benannt: damals arbeitete Steve Jobs auf einer Apfelplantage und machte eine Obst-Diät. Das erste im Jahr 1976 entstandene Logo stellte Isaac Newton unter einem Apfelbaum dar. Es wurde bald zum angebissenen, an den Sündenfall erinnernden Apfel umgearbeitet. Ein moderner Mythos besagt, dass das aktuelle Logo eine Hommage an Alan Turing sei, einen Begründer der modernen Informatik. Er entschlüsselte während des Zweiten Weltkriegs die Codes der Deutschen und soll sich durch einen mit Blausäure vergifteten Apfel getötet haben. Nach anderen Quellen war der angebissene Apfel lediglich ein grafischer Kniff gegen die Verwechslung mit einer Kirsche. Demnach wäre sein Symbolcharakter nichts weiter als ein glücklicher Zufall.
Quellen:
- Brunel, Sylvie. 2016. Croquer la pomme : l’histoire du fruit qui a perdu le monde et qui le sauvera. Paris : Lattès
- Gignoux, Emmanuel. 1997. L’ABCdaire des fruits. Paris : Flammarion.
- Meiler, Daniel, Vannier, Paul. 1991. Le grand livre des fruits et légumes. Besançon : La Manufacture.
- Toussaint-Samat, Maguelonne. 1997. Histoire naturelle et morale de la nourriture. France : Flammarion.
- Wasserman, Henry, Pastoureau, Michel, Préaud, Maxime, Drouard, François et Tran ky, Buren, Raymond, Lachenal, Louis. 1998. La Pomme Histoire Symbolique Botanique Diététique Cuisine. Paris : Sang de la terre.