Biologischer Anbau
Biologische Landwirtschaft kam um 1900 auf, entwickelte sich dann als Reaktion auf die Umweltprobleme der intensiven Landwirtschaft ab den 1970er Jahren in grösserem Massstab. Sie will ohne Chemie auskommen und umfasst auch Landbautechniken zu Bodenverbesserung und Schutz der Artenvielfalt. Sie fordert eine gesamtgesellschaftliche Umorientierung z.B. für Tierwohl, faire soziale Bedingungen und das Wohl künftiger Generationen.
Ein neuer Ansatz
Biologische Landwirtschaft basiert auf biodynamischem Anbau, den Rudolf Steiner in den 1920er Jahren entwickelte. Biodynamik erachtet die Erde philosophisch als eine Einheit, deren Gestalt durch universelle Kräfte beeinflusst wird. Nahrungsmittel sollen erzeugt werden mit ökologischen Methoden, die Erde, Pflanzen und Tiere achten. Ab den 1940er Jahren gab es drei wichtige biologische Landwirtschaftsbewegungen. In England förderte die Soil Association eine ländliche, autonome Landwirtschaft, konzentriert auf den Humus für die Bodenfruchtbarkeit. Die Schweizer organisch-biologische Landwirtschaft strebte nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit der Bauern und kurzen Wegen vom Erzeuger zum Verbraucher. Der japanische Landwirt Masanobu Fukuoka entwickelte mit Einfluss auf die Permakultur eine ,Nichts-Tun-Landwirtschaft’nach dem Kalender der Natur, die Jäten und Bodenbearbeitung für überflüssig hält.
Widersprüchliche Meinungen zum biologischen Anbau
Im Kampf gegen Bodenschädigung und Wasserverschmutzung wächst das Interesse von Verbrauchern und Regierungen am biologischen Landbau seit den 1970er Jahren. 1972 entstand die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM), um weltweit Vereine und Initiativen für biologische Landwirtschaft zu koordinieren und Wissen auszutauschen.
Biologischer Anbau, der bis dahin als Landwirtschaft ohne Chemie galt, wurde 1982 von der IFOAM mit sieben Standards beschrieben: Möglichst in geschlossenen lokalen Systemen arbeiten (Ressourcenrecycling), Böden dauerhaft fruchtbar erhalten, Kontaminierung vermeiden, hochwertige Nahrungsmittel ausreichend produzieren, fossile Energie senken, das Wohl der Zuchttiere gewährleisten, dem Produzenten einen angemessenen Unterhalt sichern. Basierend auf diesen Standards definierte die von WHO und FAO gegründete Codex Alimentarius-Kommission biologische Landwirtschaft 1999 als ein System ganzheitlicher Produktion, die eine gesunde Agrarökologie fördert, die statt synthetischer Produkte agronomische, d.h. biologische und mechanische, lokal anpassbare Methoden nutzen. Die Kommission erstellte dazu Listen für empfohlene (Hülsenfrüchte zum Stickstoffeintrag für höhere Bodenfruchtbarkeit), bedingt erlaubte (organische Abfälle der Nahrungsmittelverarbeitung als Dünger) und verbotene (Syntheseprodukte und GVO) Praktiken. Puristen sehen darin eine Beschränkung biologischer Landwirtschaft auf Landwirtschaftstechnik nach Pflichtenheft, während sie Basis eines gesamtgesellschaftlichen Alternativprojekts zum derzeitigen sozioökonomischen System sein sollte: demzufolge strebt biologische Landwirtschaft auch nach kurzen Vertriebswegen, Nahrungsmittelautonomie der Bevölkerung, Senkung von Nahrungsmittelverlusten, Aufwertung lokaler Kulturen, Schutz kleiner Produzenten. Diese Aspekte und Funktionen biologischer Landwirtschaft bleiben dem Verbraucher meist verborgen. Biologischer Anbau, verbunden mit regionalem Absatz und saisonalem Verbrauch, weist eine bessere Umweltbilanz auf als Intensivlandwirtschaft. Allerdings ist schwer einzuschätzen, ob dies noch der Fall wäre, würde biologischer Landbau so ausgeweitet, dass er, wie die Intensivlandwirtschaft, den ganzen Planeten ernährt. Da seine Erträge 20 bis 25% unter denen konventioneller Landwirtschaft liegen, könnte biologischer Anbau diese nicht ersetzen.
Vorurteile
Allgemein haben Bio-Produkte keinen höheren Nährwert als konventionell produzierte. Verbraucher wissen oft nicht, dass auch im Bio-Anbau Chemie eingesetzt werden kann, denn ausgeschlossen sind nur chemisch synthetisierte oder Mittel, die auch der konventionellen Landwirtschaft verboten sind. Einige davon sind nachweislich toxisch (oder ökotoxisch), manche sogar mehr als ihr chemisch synthetisiertes Äquivalent. Wie in der konventionellen Landwirtschaft ist ihre Anwendung streng reguliert. Das gilt auch für Pyrethrin, Azadirachtin oder das Kupfer der bekannten Bordeauxbrühe.
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