Geschichte der Aquakultur
Aquakultur dient der Zucht von Wasserorganismen. In China und Indien entwickelte sie sich im Süsswasser 1500 v.u.Z auf empirische Art; Etrusker und Römer betrieben am Mittelmeer 1000 Jahre später systematisch Austern- und Fischzucht in Lagunen. Im Mittelalter macht die Teichzucht den Karpfen zum ‚Haustier‘, vereinzelt finden sich auch Muschelzuchten, deren Technik sich bis ins 20. Jh. kaum veränderte.
Die Teichzucht im Wandel der Zeit
Die ältesten Belege für Fischzuchten in China datieren vor 1000 v.u.Z. Die Chou-Dynastie (1112-221 v.u.Z.), auch der Politiker Fan Li um 500 v.u.Z., beschrieben als erste die Karpfenzucht Cyprinidae zu und entwickelten erste Formen von Mischkultur. Dabei wurde mit Gülle aus der Viehzucht die Algenproduktion in den Teichen gesteigert, um die Ernährung der Fische zu verbessern. Der Schlamm trockengelegter Teiche diente als Dünger. So entstanden die ersten integrierten Ackerbau -Aquakultur-Systeme, die in China bis heute betrieben werden.
Die antiken Römer erfanden die europäischen Vorläufer der Aquakultur. Als Liebhaber von Seefisch und Austern schufen sie Austernzucht-Anlagen und übernahmen das assyrische Fischbecken, ein Bassin, in denen die Fische und Krustentiere bis zu ihrem Verzehr lebend gehalten wurden. Wohlhabende Römer integrierten die Fischbecken ins Innere des Hauses, damit die Gäste sich ihren Wunschfisch aussuchen konnten.
Im Mittelalter war die Fischzucht in Süsswasserbecken in Europa den Mönchsorden und dem Adel vorbehalten, die das Nutzungsrecht für Ländereien, Wälder und Gewässer besassen. Die Muschelzucht wurde im 13. Jh. erfunden; ihre Technik entwickelte sich bis in die 1960er Jahre kaum weiter. Wie bei der Jagd wurde Wildern schwer bestraft, so dass die ärmere Bevölkerung sich noch einige Jahrhunderte gedulden musste, bevor sie frischen Fisch auf den Tisch bekam.
Die Renaissance perfektionierte die Fischzucht. Traktate legen die Bautechnik der Teiche, ihre Bewirtschaftung, die Auswahl der zu züchtenden Arten, Krankheiten und Ernährung dar. Der Karpfen dominierte in den künstlichen Fischbecken Osteuropas, vor allem in Böhmen (heute Tschechische Republik), wo sich ihre Zahl auf Betreiben Kaiser Karls IV. vervielfachte.
Die künstliche Vermehrung wurde bereits während der Aufklärung in Deutschland entdeckt, doch kam sie erst während der Industrialisierung des 19. Jhs. zur Anwendung. In nur hundert Jahren veränderte das Industriezeitalter die europäische Landkarte völlig. Die Umweltverschmutzung lässt Fischpopulationen und -arten schrumpfen - so den Lachs, der die durch Staudämme und Bewässerungskanäle versperrten Flussläufe nicht mehr hinaufwandern kann. Um diesem Rückgang zu begegnen, konzentriert sich die Forschung zur künstlichen Vermehrung auf die Forellenzucht, bei der alle Schritte beherrscht werden: Befruchtung, Lagerung und Transport der Eier, Aufzucht im Teich oder Aussetzen in die Freiheit. Brutanlagen entstanden bald überall in der westlichen Welt, und ab den 1860er Jahren bevölkern Forellen und andere Salmoniden die Gewässer des gesamten Erdballs: USA, Indien, Neuseeland und Japan, das Land, das als erstes essbare Algen produziert.
In den ersten fünf Jahrzehnten des 20. Jhs. wurden in den englischen und belgischen Kolonien Afrikas weitere Fischarten eingeführt. Fischzucht diente vor allem dem Freizeitangeln , mit Insekten fressenden Arten sollte die Malaria bekämpft werden und Tilapia verbreiterte die Nahrungsbasis. In Israel passten die Kibbuzim die osteuropäischen Zuchtmethoden mit neuen Techniken an die harten klimatischen Bedingungen an, um bei Fischprodukten autark zu werden.
Ende der 1950er Jahre revolutionierte künstliches Granulatfutter die Fischzucht, die bis dahin auf Produkte aus Landwirtschaft und Viehzucht (beispielsweise rohes Fleisch) als Fischfutter angewiesen war.
Während der 1970er Jahre erlebte die Aquakultur von Meeresfischen Auftrieb dank neuer Baustoffe (Glasfaser, Plastikrohre) - leicht, widerstandsfähig und billig -, sowie mittels schwimmender Zuchtkästen, die teure Meerwasserbecken aus Glas und Schmiedeeisen ersetzten. Jedoch erwiesen sich die neuen Anlagen als noch unwirtschaftlich, so dass die Meeresfischzucht im nachfolgenden Jahrzehnt optimiert und stabilisiert wurde. Erst im 21. Jh. gewinnt die Aquakultur weltweit Bedeutung. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) berichtet 2016 über Fischerei und Aquakultur, es „hat das weltweite Produktionsvolumen an Zuchtfischen und angebauten Wasserpflanzen im Jahr 2013 dasjenige des Wildfischfangs übertroffen“.