Mittelmässige Vanille für teures Geld
Obwohl die 2015 in Madagaskar, dem grössten Erzeugerland der duftenden Orchidee, geerntete Vanille heute etwa 300 Dollar pro kg kostet, wird deren Geschmack den Erwartungen nicht gerecht. Erklärungen.
Ihr Duft ist so sinnlich und erlesen, dass weltweit in grossem Umfang mit ihr gehandelt wird. Im tropischen Regenwald stehen bewaffnete Sicherheitsmänner Wache, um die Ernte vor diebischem Zugriff zu schützen. Im Jahr 2015 ist es allerdings nicht die Qualität der madagassischen Schoten, die Begehrlichkeit weckt, sondern der hohe Preis von fast 300 Dollar pro Kilo1.
Yoann Cassam Chenai, ein ausgewiesener Vanillespezialist, hat seine eigene Meinung zu dem Thema: „Die weltweite Nachfrage ist schlagartig gestiegen, und das Angebot reicht nicht aus. Wegen schlechter Blüte beklagt man 2015 in Madagaskar eine um 35% gesunkene Produktion. Die Schoten sind kleiner und enthalten nur 1,2 % Vanillin, im Gegensatz zu 1,8 % im Jahr 2014. Im Grunde muss man die madagassische Vanille von 2015 abschreiben und auf noch vorhandene Bestände aus 2014 und 2013 oder auf andere Herkunftsländer zurückgreifen.“
Der madagassische Zweig in Gefahr
Eine vorübergehende Pechsträhne? Nicht unbedingt! Vor zehn Jahren ernteten die madagassischen Bauern nur reife Schoten, auch wenn sie die Plantagen dazu mehrmals durchqueren mussten. Heute ernten sie oft alles auf einmal, um kein Wachpersonal zum Schutz vor Diebstählen einstellen zu müssen. Ein zusätzliches Problem besteht darin, dass Schoten in noch unreifem Zustand vakuumverpackt werden, um ihr Warengewicht beim Verkauf zu erhöhen. Manche Produzenten werden auch beschuldigt, angeblich „faule Vanille“ zu erzeugen. Solche Praktiken werden durch die Nachfrage von Rosenholz-Schwarzhändlern noch unterstützt: sie kaufen und verkaufen Vanille schlechter Qualität, um damit ihre Einnahmen aus dem illegalen Edelholzhandel zu waschen2. Der Fortbestand der madagassischen Vanilleerzeugung scheint tatsächlich gefährdet.
Die Produzenten sollten jedoch die Folgen bedenken, denn der Endverbraucher lässt sich nicht täuschen und bezahlt nur ungern Höchstpreise für ein Produkt mittelmässiger Qualität. Feinschmecker könnten sich anderen Erzeugerländern zuwenden, um hochwertige Vanille einzukaufen, und die Lebensmittelindustrie könnte auf synthetische Aromen ausweichen.
Ursprung und typische Merkmale