Ein neues Müesli
Marcia Stanley Cuendet liebt Müesli mit geröstetem Getreide. Als sie im Müesli-Land Schweiz nicht fündig wurde, hat sie die Herstellung selbst in die Hand genommen.
Das Müesli ist ein typisch schweizerisches Gericht, oder? Ja und nein: Das Rezept wurde zwar in der Deutschschweiz erdacht, aber das ist kaum hundert Jahre her. Für ein Gericht, das sich auf das kulinarische Erbe der Schweiz beruft, ist es eher jung – ein Beweis dafür, dass Ernährung nichts Statisches ist, denn die Rezepte wandeln sich je nach Zutaten, Moden und Begegnungen.
Wie die meisten kulinarischen Spezialitäten, ist auch das Müesli auf einer Reise entstanden. Diese führte allerdings nicht weit in die Ferne: Der Züricher Arzt und Ernährungsspezialist Maximilian Bircher-Benner (1967–1939) wundert sich während eines Ausflugs in die Schweizer Alpen darüber, welch ausgezeichneter Gesundheit sich die Schäfer trotz ihres harten Alltags und ihrer einfachen Kost erfreuen. «Müesli» bedeutet «kleines Püree», und genau so einen Haferbrei serviert ihm eine Bäuerin aus den Alpen, verfeinert mit Apfelstückchen, Milch und Honig. Zurück in seiner Klinik entwickelt er Anfang des 20. Jahrhunderts das Rezept für das berühmte Bircher-Müesli, ein Frühstück, das gut für die Gesundheit sein soll. Seine Kollegen haben dafür nur ein müdes Lächeln übrig, denn sie setzen auf Fleisch, um ihre Kranken wieder aufzupäppeln.
Hundert Jahre später, 2012, entsteht nach einer Reise und einer Begegnung das neue Produkt Sooishi Granola - diesmal im französischen Teil der Schweiz, in Lausanne. Marcia Stanley Cuendet – ihr Vater stammt aus Jamaica, ihre Mutter aus der Schweiz – liebt das «Bircher», wie die frankophonen Schweizer das Müesli nennen. Aber während einer Reise durch Nordamerika erliegt sie dem knusprigen Charme des Granola. Dafür wird Getreide bei sanfter Hitze geröstet, mit Milch oder Joghurt übergossen, mit Früchten verziert und als Frühstück serviert. Während sich das Müesli cremig anfühlt, ist das Granola knusprig.
Zurück in ihrer Küche in Lausanne beschliesst Marcia Stanley Cuendet, ganz wie der verdiente Doktor, ihr eigenes Granola zu fabrizieren. Einerseits, weil sie in der Schweiz keines findet, das «dieses Namens würdig» wäre, andererseits weil sie ein Faible für Geschmacksnuancen hat und nichts lieber tut, als kulinarische Experimente zu veranstalten und ihre Entdeckungen und Gaumenfreuden mit anderen zu teilen. Nach monatelangen Versuchen hat sie endlich ihr Granola gefunden. Eigentlich sind es gleich vier Granolas, alle in bester Handwerkstradition hergestellt, mit ausgesuchten Zutaten und weitestgehend bio: das klassische Granola mit Pekannüssen, das asiatische mit Mehl aus gegrilltem Soja (Kinako), das japanisch angehauchte mit Grünteepulver (Matcha) und das schweizerische mit Splittern aus der dunklen Schokolade eines berühmten Lausanner Schokoladeherstellers.
Im Unterschied zu Doktor Bircher-Benner wird Marcias Müesli nicht verspottet, sondern heimst sehr schnell Lob ein. Freunde und Freunde von Freunden, die inzwischen Kunden geworden sind, geniessen die feine Zubereitung, die zugleich luftig und knusprig ist und ihrem Namen alle Ehre macht: Im Japanischen bedeutet Sooishi, «so köstlich». Es ist so gut, dass es sich nicht mehr nur im Frühstück versteckt. Marcia Stanley Cuendet empfiehlt, Salate, Apfelkuchen oder Vanilleeiskugeln damit zu bestreuen. Ob das wohl Maximilian gefallen hätte, der seinen Patienten strenge Diäten verordnet hat? Wie sein Vorbild, das Bircher-Müesli, will auch das Sooichi Granola gesund sein, auch wenn es leicht gesüsst ist (mit Rohrzucker), ein bisschen Fett enthält (Olivenöl) und mit verschiedenen Körnern angereichert ist.
Und wozu tendieren Sie? Eher zu Bircher oder zu Granola?
Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen : www.sooishi.ch. Verfolgen Sie die kulinarischen Abenteuer und entdecken Sie mehr Rezepte von Marcia, der kulinarischen Bloggerin, die schon vom Magazin Glamour ausgezeichnet wurde: sooishi.blogspot.ch