Die Geschichte des Gemüseanbaus
Der Gemüseanbau entwickelte sich kontinuierlich über die Zeiten. Aus dem antiken Ziergarten entstand der mittelalterliche Gemüsegarten, der im Frankreich der Aufklärung in den Pariser Sumpfgebieten angelegt wurde. Im 19. Jh. verbesserten wissenschaftliche Erfindungen die Techniken und Werkzeuge, die den Intensivanbau ermöglichten. Am Ende des 20. Jh. wird der Wille spürbar, zu einem extensiven Bio-Anbau zurückzukehren.
Vom Gemüsegarten zum Gemüseanbau
Die ersten sesshaften Frühmenschen domestizierten bereits essbare Pflanzen, wobei sie erste Anbaumethoden in Siedlungsnähe entwickelten.
In der Antike wich der städtische Gemüseanbau dem Ziergarten als Ort der Naturschönheit, der durch Anblick und Düfte stimulierend wirken sollte. Seine Weiterentwicklung führte wiederum zur Nahrungsgewinnung: dem Gemüsegarten.
Im Mittelalter gediehen im bäuerlichen Gemüsegarten haltbare Gemüsesorten wie Kohl, Erbsen und Bohnen. Er diente zur Ernährung der Hofbewohner sowie zur Erzeugung für den Markt. Sein klösterliches Pendant ernährte die Klostergemeinschaft, war aber auch zum Anbau von Kräutern und Heilpflanzen bestimmt. Um eine wachsende Bevölkerung zu ernähren, mussten sich die Anbauflächen vergrössern, weshalb die Gemüsegärten seit dem 13. Jh. vor die Stadtmauern zogen.
In der Frühen Neuzeit veränderte sich der Gemüsegarten erneut. Seit dem 16. Jh. kamen infolge der Entdeckung weiterer Kontinente neue essbare Pflanzen nach Europa - Kartoffeln, Mais oder Tomaten, die die Ernährungsgewohnheiten revolutionierten. Im 17. Jh. entstanden in den Niederlanden die ersten Intensivanbauflächen. Die gestiegene Produktivität auf den so bearbeiteten Flächen um die Städte versorgte eine wachsende Bevölkerung mit Gemüse und Obst. Im 18. Jh. legten die Pariser Gemüsegärten in Sumpfgebieten an, weshalb der Gemüseanbau im Französischen noch heute ‚maraîchage’ (marais bedeutet ‚Sumpf‘) heisst.
Die im 19. Jh. einsetzende Industrielle Revolution stellte auch für den Gemüseanbau einen Wendepunkt dar. Die Mechanisierung beeinflusste die Entwicklung landwirtschaftlicher Geräte und Anbaumethoden. In der Chemie führte die Entdeckung der Wirkung von Phosphor und Stickstoff für das pflanzliche Wachstum zur Produktion von Kunstdüngern, die die Erträge der intensiven Landwirtschaft erhöhten. Gleichzeitig verbesserten sich die Konservierungsmethoden für Nahrungsmittel. Dampfmaschine und Verbrennungsmotor liessen das Transportnetz dichter werden: Städtische und ländliche Gebiete rückten näher zusammen. Die Anbaugebiete konnten sich weiter von den Städten entfernen und eroberten ländliche Regionen, in denen geeignete Umweltbedingungen herrschten. In den Städten entstanden private Arbeitergärten zum Obst- und Gemüseanbau für den Eigenbedarf. Von einer Gemeinschaft gepflegt, sind diese Gärten die Vorläufer der heutigen kollektiven Gemüsegärten.
Im 20. Jh. musste sich die Gemüseerzeugung angesichts weiter wachsender Bevölkerung nochmals intensivieren. Industrieller Maschineneinsatz ersetzte die Arbeitskraft des Einzelnen: Landmaschinen wurden zu Alleskönnern, die verschiedene Anbauschritte gleichzeitig erledigen; allerdings blieb die Handarbeit bei einzelnen Aufgaben nach wie vor notwendig – z.B. beim Pflücken sensibler Obstsorten. Globaler Erfahrungsaustausch und Änderung der Ernährungsgewohnheiten schlugen sich auch in den Anbaumethoden nieder; eine Auswirkung betraf z.B. den Ausbau der extensiven biologischen Landwirtschaft, der sich nach den natürlichen Ressourcen des bewirtschafteten Bodens richtet, sowie die Wiedereinführung in Vergessenheit geratener Gemüsesorten.
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