Ungesäuertes Brot
Ungesäuertes Brot wird ohne Hefe hergestellt. Es ist Teil jüdischer Riten und gilt als rein – anders als profanes Brot, dessen Teig durch Gärung aufgeht. Jenseits dieser religiösen Bedeutung werden Nebenprodukte wie ungesäuertes Papier in der Konditorei oder – das mag überraschen – zum Versiegeln verwendet.
Rituelles Nahrungsmittel des Judentums
Ungesäuertes Brot ist ein rituelles Nahrungsmittel des Judentums. Ihm fehlt die Hefe und damit der Gärprozess. Es gilt als rein – anders als profanes Brot aus vergorenem Hefeteig. Das jüdische Pessachfests entstand aus dem bäuerlichen Fest der ungesäuerten Brote (Exodus 9:31, Levitikus 23:10-14), das zu Ehren der Gerstenernte im April gefeiert wurde und Brotverzehr vor der heiligen Opfergabe untersagte. Das Pessachfest erinnert an den Exodus, das Ende der jüdischen Gefangenschaft in Ägypten, während dessen alle Spuren von Hefe entfernt werden; gegessen wird das Matze, ‘das Brot der Eile’.
Eine schnelle und rezeptgetreue Zubereitung
Die Zusammensetzung ungesäuerten rituellen Brots muss exakt befolgt werden: Wasser und Weizenmehl; kein Salz, kein Zucker, kein Fett. Weizenmehl kann eventuell durch Gersten-, Dinkel-, Hafer- oder Roggenmehl ersetzt werden. Der Teig muss schnell zubereitet werden, um natürlich einsetzende Gärung zu vermeiden. Anschliessend wird er im Ofen gebacken.
Weitere Produkte aus hefelosem Teig
Ungesäuertes Brot wird in Form von Hostien auch bei der Feier der christlichen Eucharistie verwendet. Seit karolingischer Zeit stellte man sie durch Einsatz von Zangen mit langen, breiten Greifarmen her. Seit dem 15. Jh. fanden kunstvoll gravierte Hostieneisen Verwendung. Lange Zeit wurden die Hostien über offenem Feuer gebacken. In gleicher Weise entstanden auch die Oblaten, kleine flache Kuchen aus leichtem Teig ohne Hefe, der zwischen zwei heisse Eisen gepresst wurde. Ursprünglich bereiteten die Konditorgehilfen Oblaten am Ende des Tages mit Mehlresten zu. Im Mittelalter bezeichnete das Wort ‚Oblate‘ auch die ungeweihte Hostie.
Jenseits dieser religiösen Bedeutung wird ein Nebenprodukt ungesäuerten Brots, das ungesäuerte Papier, in Konditorei und Süsswarenproduktion verwendet. Es dient zur Herstellung von thematischen Verzierungen oder als Boden für bestimmte Weihnachtsgebäcke. Bei Süsswaren findet man es beispielsweise in den Calissons d’Aix und im Nougat aus Montélimar.
Die berühmten Elisen-Lebkuchen, spezielle kleine Gewürzbrote aus Nürnberg, werden ebenfalls auf einem Boden aus ungesäuertem Teig gebacken.
Ungesäuertes Brot diente im 17. und 18. Jh. auch zum Versiegeln. Solche Siegeloblaten wurden aus ungesäuertem Brot hergestellt, dem man feingeriebene Farbstoffe wie Indigo, Russ oder der Absud von Schildlaus, Safran oder Kurkuma beifügte.
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