Essen im Flugzeug
Der beginnende Boom des Massenverkehrs im 20. Jh. ebnet einem neuen Ernährungstyp den Weg: der Bordverpflegung. Im Flugverkehr geriet sie allerdings noch vor dem Start in Turbulenzen. Es fehlt Platz, Gewicht ist limitiert und der Getränkegenuss aus Flaschen ist vor der Erfindung der Druckkabine schwierig! Innerhalb nur einer Generation wandelt sich das Essen in Flugzeugen in den 1960er Jahren von einer kargen kalten Mahlzeit, die von einem Tablett auf den Knien gegessen wird, zu einer ‚Feinschmecker-Reise‘.
Vom Tablett auf den Knien zum Feinschmecker-Menü: die Geschichte der Bordverpflegung in Flugzeugen
Mit Zunahme des öffentlichen Verkehrs wird den Transportgesellschaften bewusst, dass sie ihren Fluggästen mehr als nur eine Reise von einem Ort zum anderen bieten müssen. Essen an Bord ist zunächst ein Privileg begüterter Schichten, die sich eine Reise in den neuen Verkehrsmitteln leisten können.
Als erste bieten Passagierdampfer Bordverpflegung an. Sie werden zum Modell für die Eisenbahn, die ab 1838 – zunächst in den US auf der Linie zwischen Philadelphia und Baltimore – diesen Service anbietet. Dann, im Jahr 1867, führt George Pullmann auf der Great Western Railroad in Kanada Schlafwagen ein. In diesen wahren Hotels auf Schienen werden frisch zubereitete Speisen am Tisch serviert. Im Gegensatz zum Schiffs- und Bahnverkehr geriet das Essen an Bord im Flugverkehr noch vor dem Start in Turbulenzen.
Die ersten Fluglinien entstehen kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dienen vor allem dem Posttransport. Später nehmen sie auch Passagiere an Bord, die zunächst jedoch als eine andere Art von Transportwaren behandelt werden. In den Flugzeugen sind die an Bord verzehrten ‚Mahlzeiten’ dürftig und ausschliesslich dem Personal vorbehalten. Es fehlt Platz, Gewicht ist limitiert und der Getränkegenuss aus Flaschen ist vor der Erfindung der Druckkabine schwierig! Die Weiterentwicklung der Luftfahrt revolutioniert in Verbindung mit Fortschritten der Nahrungsmittelindustrie das Flugzeugessen. In den 1930er Jahren wird das Passagierflugzeug zum Massenverkehrsmittel und Bordverpflegung eine Notwendigkeit. In den US lässt United American in den angeflogenen Flughäfen komplett ausgestattete Küchen einrichten, während Pan American Speisen von bekannten, nahegelegenen Restaurants und Hotels serviert. Das Essen wird bis zum Servieren in isolierten Boxen warmgehalten. Getränke in Aluminiumdosen ersetzen bald solche in Flaschen, da sie leichter sind und den Druckveränderungen widerstehen. Bis zur Einführung aufklappbarer Tabletts an den Vordersitzen isst man weiterhin von einem Tablett auf den Knien.
Ab den 1950er Jahren revolutionieren die Einführung von Düsenflugzeugen und die Erfindung des Umluftherds Aufbewahrung und Service von Speisen. Die Kapazitäten steigen – was die Passagierzahl an Bord, als auch den Lagerplatz für Speisen und Getränke betrifft. Die Flugzeit verkürzt sich, und der Service an Bord wird schneller und effizienter. Das goldene Zeitalter der Bordverpflegung bricht mit den 1960er Jahren an. Die nagelneue Boeing 707 führt für die Fluggäste der 1. Klasse die Haute Cuisine ein: Fliegen ist nicht mehr nur eine Art der Fortbewegung, sondern wird zum gastronomischen Erlebnis. Pan American beispielsweise schliesst eine Partnerschaft mit Maxim’s in Paris ab, einem der renommiertesten Restaurants der französischen Hauptstadt. Trans World Airlines entwickelt für Interkontinentalflüge den Royal Ambassador-Service. Das Menü: Champagner, Cocktails und Kaviar als Vorspeise, Fleisch und Fisch als Hauptgericht nach Wunsch gegart (Beefsteak, Filet Mignon, Lammbraten, Huhn in Rotweinsauce, Seezungenfilets), saisonales Obst und Gemüse sowie einen kleinen Korb mit warmen Brötchen. Der Service ist individuell, Braten und Wurstspezialitäten werden vor den Augen der Passagiere aufgeschnitten.
Mit Brathühnchen und Katze im Ballon - Essen in luftiger Höhe
Eine der ersten in luftiger Höhe verzehrten Mahlzeiten fand im Jahr 1785 über britischem Boden statt. Vincenzo Lunardi, ein Flugpionier, nahm ein Brathühnchen, Käse, Salate und Wein mit an Bord seines Heissluftballons - sowie auch eine Katze als Flugbegleiterin. Der zum Beschweren des Ballons verwendete Sand verteilte sich unglücklicherweise auf seinem Picknick. Immerhin konnte er ein Hühnerbein und den Wein retten. Den Rest der Mahlzeit gab er seiner Katze, ehe er Besteck, Weinflasche und Essensreste über Bord warf, ohne sich darum zu kümmern, wo sein Abfall wohl landen würde.
FOSS, Richard, 2015. Food in the Air and Space. The Surprising History of Food and Drink in the Skies. New York, London : Rowman & Littlefield. 978-1-4422-2728-6.
MCCOOL, Audrey C., 1995. Inflight Catering Management. New York : John Wiley & Sons.
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