Haustiere als Nahrungsmittel
Der Mensch teilt Tiere in essbare und nichtessbare ein. Zuchttiere oder Wild eignen sich ideal zur Fleischmast oder zur Jagd und sind in allen Kulturen zum Verzehr vorgesehen. Haustieren dagegen stehen wir zu nahe, sie teilen unser Leben. Aus emotionalen Gründen wäre es ihren Haltern unmöglich, sie zu essen.
Über die Essbarkeit eines Tiers entscheidet die emotionale Distanz
Gesellschaften unterscheiden essbare und nicht-essbare Tiere, was je nach Esskultur variieren kann. Denn wir Menschen sehen nicht in jedem Tier essbares Fleisch. Nutztiere oder Wild gelten im Westen als Objekte der Fleischerzeugung, da sie lediglich unter Nützlichkeitserwägungen gehalten oder gefangen werden; persönliche Beziehungen zwischen Mensch und Tier sind hier nicht im Spiel.
Hätten Sie gerne noch ein bisschen Wauwau?
In Europa besitzt heute fast jeder zweite Haushalt ein „Haustier“. Jenseits praktischen Nutzens wird es Träger persönlicher Zuneigung; die enge Beziehung zum Besitzer macht sie zum Familienmitglied – sie werden „adoptiert“. Diese emotionale Bindung verhindert jeden Gedanken an Essbarkeit, selbst wenn das Tier zu einer geniessbaren Art gehört. Allein die Vorstellung einer solchen Mahlzeit führt zu Ekel – ähnlich wie bei Menschenfleisch (Anthropophagie). Im Westen ist das Esstabu für Hunde und Katzen besonders ausgeprägt. Bevor der Hund jedoch zum Haustier wurde, stand er dem Menschen fern genug und wurde gegessen. Hundefleisch stand in Frankreich, Deutschland und der Schweiz bis zum 20. Jh. auf dem Speiseplan. In China wird der Hund heute zwiefach gesehen. Die einen stecken ihn in den Kochtopf, andere betrachten ihn als unantastbares Lebewesen. Ein Tier kann also verschiedenen Ordnungen angehören – generalisiert als Nutztier und personalisiert als Mitgeschöpf.
Nahrungstabus herrschen auch in nicht-industrialisierten Gesellschaften. Es gibt Jäger und Sammler, z.B. die Stämme der Mati und Achuar der Amazonasregion, die kleine Jagdtiere einfangen; sie werden dann von den Frauen des Stammes gestillt und erhalten Kosenamen. Das schreibt den Tieren eine Persönlichkeit zu und macht sie zu Mitgliedern der menschlichen Gemeinschaft. Diese „Individuen“ zu verzehren ist verboten, auch wenn der Stamm ihre Art als Nahrungsquelle ansieht.
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