Schechita – Das Ritual der Schächtung
Das jüdische Gesetz erlaubt Fleisch zu essen ausschliesslich, wenn die Tiere nach einer festgelegten Ordnung geschlachtet wurden, Schechita (oder šachat) genannt. Dieses Verfahren, das die Thora (hebräische Bibel) genau beschreibt, begründet sich mit dem Respekt vor dem Tier. Den Tod der Tiere rituell zu gestalten kann ein Weg sein, ihr Leid zu begrenzen und dadurch das Leben zu ehren.
Blut ist vom Verzehr ausgeschlossen
Die Praxis jüdischer ritueller Schlachtung (Schächten) geht auf die in der Schöpfungsgeschichte beschriebenen Ernährungsvorschriften zurück. Fleisch zu essen war den Menschen nach der Sintflut zwar gestattet, aber nur unter der Bedingung, dass kein Blut konsumiert wird. Blut gilt den Juden als Symbol des Lebens und als Sitz der Seele (Nefesch). „Dam“ (das Blut) und „Adam“ (der Mensch) haben denselben Wortstamm. Blut zu essen, würde bedeuten, seinen Nächsten zu verzehren und das Leben des Tieres in sich aufzunehmen, denn „Blut ist die Lebenskraft“ (Thora, Deuteronomium XII, 27). Der Verzicht auf diesen aggressiven Akt entspricht dem Verbot, anderen Leid zuzufügen. Daher muss das Tier beim Schächten vollständig ausbluten. Mit der Ritualisierung der Tötung wird nach jüdischer Auffassung die im Blut befindliche Seele vom Fleisch getrennt. Indem er schlachtet und sein Fleisch auf diese Weise vorbereitet, anerkennt der praktizierende Gläubige, dass sich von Fleisch zu ernähren kein harmloses Unterfangen ist, sondern im Gegenteil eine schwerwiegende Handlung, die Tötung eines Tieres, voraussetzt. Daher muss sie respektvoll und durch maximale Vermeidung von Leid ausgeführt werden. Dieser Respekt geht über den Tod hinaus und findet sich weiter bei Zubereitung und Konsum des Fleisches (Kaschrut).
Der Ablauf der Schechita
Der rituelle Schlachter (Schächter - Schochet) wird als ein Gelehrter angesehen. Er ist derjenige, der das Tier in einen höherwertigen Zustand versetzt und es durch eine als „heilig“ angesehene Handlung für den Verzehr geeignet macht. Er muss Inhaber der Kabbala (Diplom fürs Schächten) sein und die genauen, von der Schechita kodifizierten Regeln befolgen. Dem jüdischen Gesetz nach muss das Tier im Augenblick der Schächtung lebendig sowie gesund und unverletzt sein. Ist dies nicht der Fall, wird es als für den Verzehr ungeeignet erklärt. Betäubung ist verboten, da das Tier dadurch unzulässig für den Verzehr (nevela) wird. Gerade diese Vorschrift ist umstritten. In bestimmten jüdischen Schlachthöfen ist die Betäubung jedoch erlaubt. Eine Fixierung des Tieres ist notwendig. Heutzutage erfolgt die Fixierung immer häufiger im Casting-Pen, einer engen Box, in der das Tier mit gestrecktem und freiem Hals auf dem Rücken fixiert wird. Die Schächtung wird nach der Segnung durch den Schochet mit einer sicheren und schnellen Vor-und-Rückwärts-Bewegung des Messers ausgeführt. Die beiden Halsschlagadern sowie der Grossteil der Luft- und Speiseröhre werden durchtrennt. Der Schnitt wird nach genauen und strengen Regeln vorgenommen, um Schnelligkeit und Präzision zu garantieren und das Leid des Tieres möglichst gering zu halten. Das verwendete, Halef genannte Schächtmesser wird vor und nach jeder Schächtung lange und sorgfältig kontrolliert. Wenn die Klinge nach dem Ausbluten auch nur den kleinsten Defekt aufweist, wird das Tier als trefa (zerrissen) bezeichnet und ist für den Verzehr ungeeignet. Anschliessend wird das Fleisch in Wasser gewaschen und eingesalzen, um das restliche Blut herauszuziehen. Bestimmte Venen und Arterien sowie der Ischiasnerv müssen entfernt werden, erst dann gilt das Fleisch als koscher und kann verzehrt werden.
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