Nahrungsmittel-handel und Nachfrage
Lange Zeit richtete sich die Verbrauchernachfrage – abgesehen von vermögenden Schichten – vor allem auf Grundnahrungsmittel. Heute sind Lebensmittel zumindest in den Industrieländern in ausreichender Menge für alle verfügbar, wodurch die Nachfrage sich differenziert. Geänderte Lebensgewohnheiten, Umweltbewusstsein, ethische Fragen sowie die Sorge um die Gesundheit bestimmen immer häufiger die Kaufentscheidung der Verbraucher.
Lange Zeit deckte die Selbstversorgung die Nachfrage.
Der Übergang von der Selbstversorgung zum Nahrungsmittelhandel beginnt seit dem 4. Jh. v.u.Z. mit den Zivilisationen Mesopotamiens und Ägyptens. Da die städtischen Bevölkerungen wuchsen, konnte ein Teil der Menschen Nahrung nicht mehr in Selbstversorgung produzieren. So entwickelte sich ein Handel zunächst mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln, aber auch mit handwerklich verarbeiteten Produkten oder Waren, die aus grossen Entfernungen herangeschafft wurden (Warenhandel).
Im Mittelalter wuchs die Bevölkerung in Europa ab dem 10. Jh. stetig. Der Lebensmittelbedarf stieg entsprechend, und die Landwirtschaft war kaum in der Lage, die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln zu decken. Nur eine privilegierte Minderheit konnte ihre Bedürfnisse nach Belieben und Zeitgeschmack befriedigen. Sie genoss zwischen dem 14. und 16. Jh. kostbare Gewürze aus dem Orient, wodurch ein intensiver Gewürzhandel entstand. Doch bereits im darauffolgenden Jahrhundert wandten die Vermögenden sich Schokolade, Kaffee und Tee zu, da diese Genüsse teuer und exklusiv waren.
Heute variiert die Nahrungsmittelnachfrage je nach Kultur und Region. In Niedriglohnländern mit unzureichenden eigenen Nahrungsressourcen beträgt der für Ernährung aufgewendete Einkommensanteil bis zu 70%. Dort wird in erster Linie Getreide nachgefragt. In Europa und den USA sind die Ressourcen mehr als ausreichend. Der für Ernährung aufgewendete Einkommensanteil sank im 20. Jh. ständig und stellt derzeit nicht mehr als 10 bis 20% dar. In diesen Ländern ist der Preis eines Nahrungsmittels nicht mehr das einzige Kriterium für die Kaufentscheidung des Verbrauchers.
Eine breit gefächerte Nachfrage in Industrieländern
In den Industrieländern, die seit den 1960er Jahren ein starkes Wirtschaftswachstum erlebten, sanken die Preise für Grundnahrungsmittel, und die Produktauswahl vergrösserte sich mit Waren aus aller Welt stetig. Dementsprechend gestaltete sich die Nachfrage differenzierter. Obwohl auch das Einkommen ein Argument darstellt, spielen bei der Nachfrage persönliche Faktoren - ethische, kulturelle, gesellschaftliche oder ästhetische Gesichtspunkte – eine Rolle.
Vorgekochte oder Fertigspeisen werden immer beliebter, und Mahlzeiten werden zunehmend ausserhalb der eigenen vier Wände eingenommen. Gastronomische Betriebe jedweder Art nehmen zu. Zeitmangel, beruflich bedingtes Mittagessen ausser Haus, Zeit für Hobbys – das sind nur einige der Gründe für die Nachfrage nach solchen Essens-Dienstleistungen.
Andererseits treibt die Verbraucher beim Nahrungsmittelkauf auch die Sorge um ihre Gesundheit um. Angesichts der Zunahme von Übergewicht und Krankheiten wie Diabetes oder Krebs will man sich heute gesünder ernähren. Auch Produkte ohne Gluten oder Laktose werden zunehmend nachgefragt, auch wenn bei den wenigsten Menschen eine Intoleranz gegen diese Stoffe nachweisbar ist. Viele nutzen sie aus freier Entscheidung, weil sie sich damit besser fühlen.
Auch das Umweltbewusstsein beeinflusst die Produktwahl von Verbrauchern. Produkte aus nachhaltigem Anbau sind gut für die Natur. Aus demselben Grund ist es sinnvoll, lokale Produzenten zu stärken, was in globalen Märkten die eigene Identität bewahrt. Deshalb stehen regionale Spezialitäten hoch im Kurs, und kontrollierte Herkunftsbezeichnungen sind zu einem Garantiesiegel für Qualität und Authentizität geworden. Vielen ist es auch wichtig, Produkte mit dem Label für fairen Handel zu kaufen.
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