Kaninchen
Gejagt haben Menschen Kaninchen schon immer; domestiziert wurden sie erst im Mittelalter. Im 20. Jh. wurde die Zucht industrialisiert, weil der Verzehr aus kulturellen und religiösen Gründen zu bestimmten Zeiten stark zunahm. Kaninchenfleisch ähnelt geschmacklich Geflügel und lässt daher vielfältige Zubereitungsarten zu.
Kaninchenzucht auf dem Bauernhof
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Die allmähliche Domestizierung des Kaninchens
Erste Nachweise des Wildkaninchens (Oryctolagus cuniculus) stammen aus Spanien. Sein natürlicher Lebensraum ist Westeuropa und der Mittelmeerraum, wo es schon immer gejagt, aber erst im Mittelalter als Jagdtier des Adels in Gehegen gehalten wurde. Gleichzeitig begann die Stallhaltung. Im 16. Jh. erscheinen mehrere Rassen, was auf gezielte Zuchtwahl hinweist.
Das Bevölkerungswachstum im 19. Jh. beförderte die Zucht auf dem Land und in Stadtrandgebieten zum Eigenbedarf. Bald entstehen zahlreiche Rassen. Gleichzeitig erobert das Kaninchen neue Lebensräume, vor allem in Australien und Neuseeland. Da es sich rasch fortpflanzt, kann es in Freiheit zur invasiven Art werden, die der Landwirtschaft grosse Schäden zufügt – so in Australien, wo Kaninchen – weil ohne natürliche Feinde – überhand nehmen.
Obwohl das Kaninchen auf allen Kontinenten heimisch ist, wird es nicht überall gegessen. Religiöse oder kulturelle Gründe, so im Judentum, verbieten sein Fleisch. Auch wenn es zum geliebten Haustier wird, will sein Besitzer es oft nicht mehr essen.
Die Kaninchenzucht
Ein Grund für die Zucht sind auch die Felle. Gezüchtet wird heute meist traditionell zum Eigenverbrauch, überzählige Tiere werden verkauft. Die Ernährung ist einfach mit Gräsern, Kohl, Randen, Heu oder Getreide. Intensive Kaninchenzucht entstand nach 1950 mit gestapelten Gitterkäfigen in geschlossenen, künstlich belüfteten und beleuchteten Gebäuden statt im Stall. Hier wird mit einem konzentrierten Getreidegranulat gefüttert.
Künstliche Befruchtung vereinfacht heute die züchterische Vermehrung. Alle Weibchen werfen dann gleichzeitig, so dass sich die Anzahl der Jungtiere kontrollieren lässt. Jeder Wurf hat neun bis elf Junge, die in 70 Tagen Schlachtgewicht erreichen.
Weltweit steigt die Produktion seit dem Jahr 2000. Grösster Produzent ist heute China, gefolgt von der EU mit Italien, Spanien und Frankreich an der Spitze. Jedoch bleibt der Verbrauch marginal: Die Franzosen, obschon Liebhaber von Kaninchenfleisch, verzehren nur 1,3 kg gegenüber 36 kg Schweinefleisch pro Jahr.
In der Küche
Kaninchen wird in der Küche wie Hühnerfleisch eingesetzt, dem es ähnlich ist. Entsprechend lässt es sich auf verschiedenste Weise zubereiten. Allerdings trocknet das Fleisch beim Kochen leicht aus, weshalb es in einer Sauce oder mit Speck umwickelt gegart wird. Gern wird es zu Pasteten oder Terrinen verarbeitet.
Eine kulinarische Spezialität
Die Römer brachten das Wildkaninchen aus Spanien nach Italien und hielten es in grossen Parks zur Jagd. Wie die Iberer assen sie die Föten und Neugeborenen, die sie „laurices“ nannten. Diese Spezialität hielt sich bis ins Mittelalter. Vor allem Mönche assen „laurices“ in der Fastenzeit, da sie – aus dem (Frucht-) Wasser kommend – kirchlicherseits als Wassertiere gegolten haben sollen. Nachweislich berichtet Gregor von Tours von Kaninchen als fastenzeitliche Leckerbissen.