GVO – eine Definition
Seit ihren Anfängen stützte sich die Landwirtschaft auf die Verbesserung von Tier- oder Pflanzenarten durch Kreuzung oder Selektion vorteilhafter Mutationen. Fortgeschrittene Gentechnik und weiterentwickelte Biotechnologien gestalten diesen Prozess heute effizienter. Die Produkte der Gentechnik werden unter dem Begriff Genetisch Veränderte Organismen (GVO) zusammengefasst.
Fortschritte in der Kontrolle der Natur
Seit Beginn der Landwirtschaft nutzt der Mensch Reproduktionsprinzipien und Hybridisierungstechniken, um pflanzliche und tierische Gene vorteilhaft zu verändern: Vereinfachung von Zucht und Anbau, Anpassung an unterschiedliche Bedingungen, Erhöhung der Widerstandskraft gegen Krankheiten oder Schädlinge sowie der geschmacklichen Eigenschaften. Die meisten Pflanzen und Tiere, die wir heute essen, sind Hybride, d.h. Ergebnis langjähriger Kreuzungen – sogar unterschiedlicher Arten – sowie der Auswahl der leistungsfähigsten Nachkommen. Durch die Entdeckung des Erbgutträgers DNA ermöglichte die Biotechnologie ab der zweiten Hälfte des 20. Jh. eine präzisere, effizientere Artenoptimierung auf spezifische und exklusive genetische Eigenschaften.
Weder eine einheitliche Definition, noch einheitliche Produkte
Der Begriff Genetisch Veränderte Organismen (GVO) schliesst Pflanzen wie Tiere mit verändertem genetischem Erbgut ein. Die weitgefasste US-Definition umfasst alle Organismen, die Manipulationen entstammen – von der klassischen Kreuzung und Selektion bis zur erzwungenen Mutation, der Mutagenität. Solche Mutationen werden durch in den 1930er Jahren entwickelte Bestrahlungstechnik oder die Einwirkung erbgutverändernder Stoffe zur Auswahl der ‚besten‘ Varianten erzeugt, lassen sich aber auch durch Einbau oder Ausbau bestimmter Proteingene erreichen. Eine engere, aber allgemein anerkannte Definition von GVO, die auch OECD und EU vertreten, bezieht sich nur auf Erbgutveränderung durch Gentechnik und nicht durch natürliche Verfahren wie Kreuzung und Selektion.
Gentechnische Veränderung bedeutet Stilllegung oder Veränderung eines bereits im tierischen oder pflanzlichen Organismus vorhandenen oder Einbau eines neuen Gens. Dieses kann von einer verwandten, aber auch von einer anderen Art des Tier- oder Pflanzenreichs stammen – letzteres wird Transgenese genannt. Die Produkte der Transgenese betrachtet die Öffentlichkeit als GVO und beurteilt sie wegen ihrer ‚Widernatürlichkeit‘ kritisch.
Bekanntestes Beispiel für Transgenese ist der Einbau des Bacillus Thuringiensis-Gens in das Erbgut von Mais und Soja. Es codiert ein Toxin, das die schädliche Raupe des Maiszünslers (Ostrinia nubilalis) abtötet.
Zahlreiche Variationen genetisch veränderter Pflanzen beruhen auf Geneinbau oder Genveränderung. Sie erhalten neue Eigenschaften wie Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge (z.B. Mais bt), Toleranz gegen Unkrautvernichtungsmittel (z.B. Soja RR1, der widerstandsfähig gegen Glyphosat ist) und wurden mit nahrhaften Bestandteilen ergänzt (z.B. der mit Provitamin A angereicherte Goldene Reis) oder haltbar gemacht (z.B. der Arctic Apple, der im Anschnitt weniger braun wird). 2016 gab es von 29 Pflanzenarten genveränderte Variationen, nur ein kleiner Teil davon kam auf den Markt. Dabei handelt es sich hauptsächlich um 33 Mais-, 20 Soja-, 16 Baumwoll- und sechs Kartoffel-Varianten, zwei von Papaya, Gurke, Raps, Klee und eine Apfel- und Zuckerrüben-Variante.
Die ‚Bio‘-GVO
Als erste vermarktete GVO gilt die gegen Verfaulen widerstandsfähige Tomate Flavr Savr, in den USA 1994 auf den Markt gebracht und drei Jahre später wieder zurückgezogen. Der höhere Preis und der mittelmässige Geschmack erklären den kommerziellen Misserfolg. Erweitert man die Definition von GVO auf durch Transgenese oder Mutation erzeugte Organismen, müssten auch die rosa Grapefruit Ruby Red, der Reis Calrose und 3200 weitere Pflanzen als ‚mutiert‘ bezeichnet werden – GVO, die schon seit Jahrzehnten auf unserem Tisch landen, einige sogar als Bio-Produkte.
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