Allergien und Nahrungsmittel-unverträglichkeit
Eine Nahrungsmittelallergie ist eine anomale Reaktion auf ein bestimmtes Nahrungsmittel, das der Organismus als Fremdkörper identifiziert. Unverträglichkeiten werden anders als Allergien nicht von der Immunreaktion des Körpers ausgelöst und setzen auch keine vorangehende Sensibilisierung (Stimulierung des Immunsystems) voraus. Eine Allergie reagiert bereits auf eine geringe Menge aufgenommener Nahrung, während sich die Symptome einer Unverträglichkeit parallel zur aufgenommenen Dosis verstärken. Ein weiterer Unterschied liegt ausserdem in der Schwere der Reaktion: Allergien sind von gravierenderen Auswirkungen begleitet als Unverträglichkeiten.
Was sind Allergien?
Eine Nahrungsmittelallergie ist eine anomale Reaktion auf ein bestimmtes Nahrungsmittel (z. B. harmlos scheinende Krabben, Kiwis oder Fisch), das der Organismus als Fremdkörper identifiziert. Das Auftreten einer Nahrungsmittelallergie hängt von der genetischen Veranlagung, den in der Umgebung vorkommenden Pflanzen sowie von Ernährungsgewohnheiten ab. Sellerie, der in Mitteleuropa häufig als Gemüse vorkommt, führt bspw. dort im Vergleich zur übrigen Welt zu einer höheren Allergierate.
Die ererbte familiäre Disposition wird Atopie genannt. Dabei handelt es sich um die körperliche Veranlagung, Antikörper gegen bestimmte Substanzen in der Umwelt zu bilden. Hat einer der beiden Elternteile eine Allergie, besteht bei ihrem Kind eine 30%ige Wahrscheinlichkeit, auch eine Allergie zu entwickeln. Dementsprechend steigt das Risiko auf 70%, wenn beide Eltern allergisch sind.
Auslöser und Symptome
Die häufigsten Auslöser von allergischen Reaktionen sind pflanzliche oder tierische Proteine, wie sie in Hühnerei, Fisch, Banane oder auch Sellerie vorkommen. Nuss- und Erdnussallergien sind schwerwiegende Allergien und können in seltenen Fällen sogar tödlich sein.
Die häufigsten Symptome bei Nahrungsmittelallergien treten in der Regel zwei Stunden nach dem Essen auf: geschwollene Lippen, Augenlider, Ohren oder Zunge sowie Bauchschmerzen, raue Stimme, Prickeln in Mund oder Kehle, Ekzeme, Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Sie können also alle Organe betreffen und Auswirkungen auf die Verdauung, Haut, Atemwege oder auch das Allgemeinbefinden haben. In der Regel sind sie störend, aber harmlos. Meist treten die ersten Allergiesymptome in Kindheit oder Jugend auf. Wenn die Symptome mit Nesselfieber, einem Anschwellen des Kehlkopfs, einem Asthmaanfall oder einem anaphylaktischen Schock (eine schwerwiegende allergische Reaktion) einhergehen, ist es ratsam, die auslösenden Nahrungsmittel zu vermeiden.
Wer ist von einer Nahrungsmittelallergie betroffen?
5 bis 8% aller Kinder sind von Nahrungsmittelallergien betroffen – gegenüber 2 bis 4% bei Erwachsenen. Zumeist entwickeln Kindern Allergien gegen Milcheiweiss, Hühnerei und Erdnüsse, die oft im Lauf der Kindheit verschwinden. Viele Kinder zeigen auch Allergien gegen Nüsse, Soja, Fisch und Meeresfrüchte, die jedoch auch im Erwachsenenalter bestehen bleiben. Bei Erwachsenen finden sich Allergien gegen Erdnüsse, Nüsse, Fisch und Meeresfrüchte, aber auch gegen Äpfel, Kiwis, Pfirsiche, Sellerie, Möhren oder Soja. Eine spontane Allergieentwicklung gegen ein Nahrungsmittel kommt selten vor.
Allergie oder Nahrungsmittelunverträglichkeit?
Während ungefähr 20% der befragten Personen erklärten, gegen ein Nahrungsmittel allergisch zu sein, litten nur 2 bis 8% an einer Unverträglichkeit. Eines der geläufigsten Beispiele ist Gluten: weniger als 1% der europäischen Bevölkerung entwickelt eine wirkliche Allergie gegen dieses Protein, während 1% unverträglich reagiert.
Laut dem Bundesamt für Gesundheit BAG sind über eine Million Personen in der Schweiz von einer Nahrungsmittelunverträglichkeit betroffen. Unverträglichkeiten werden anders als Allergien nicht von der Immunreaktion des Körpers ausgelöst und setzen auch keine vorangehende Sensibilisierung (Stimulierung des Immunsystems) voraus. Eine Allergie reagiert bereits auf eine geringe Menge aufgenommener Nahrung, während sich die Symptome einer Unverträglichkeit parallel zur aufgenommenen Dosis verstärken. Ein weiterer Unterschied liegt ausserdem in der Schwere der Reaktion: Allergien sind von gravierenderen Auswirkungen begleitet als Unverträglichkeiten.
Übrigens: Eine Lebensmittelvergiftung ist weder eine Allergie noch eine Unverträglichkeit, sondern die normale Reaktion des Organismus auf verdorbene Nahrung.
Wie entwickelt sich eine Allergie?
Eine Allergie ist ein Gegenschlag des Immunsystems, das Antikörper gegen Substanzen bildet, die normalerweise harmlos sind (Allergene genannt). Die allergische Reaktion zeigt sich nicht beim ersten, sondern erst beim zweiten Kontakt mit dem Allergen. Das erste Zusammentreffen löst eine Sensibilisierung des Immunsystems gegenüber dem Allergen aus, so dass es beim nächsten Kontakt reagieren kann, auch wenn dieser erst lange Zeit später erfolgt.
Die unterschiedlichen Formen von Nahrungsmittelallergien
Weizenallergie
Eine Weizenallergie ist nicht zu verwechseln mit einer Glutenunverträglichkeit. Sie wird von Weizenproteinen verursacht. Kindern entwickeln sie häufiger als Erwachsene. Bei letzteren treten die Allergiesymptome meist direkt nach dem Essen auf, sie können sich aber auch fünf bis sechs Stunden später erst zeigen. Weizen bei der Ernährung zu vermeiden ist schwierig, da er in zahlreichen Lebensmitteln vorkommt.
Kuhmilchallergie
Eine Kuhmilchallergie wird von Milchproteinen verursacht. Meist entwickeln Kinder sie sehr früh, bei 90% verschwindet sie ab einem Alter von ungefähr drei Jahren wieder. Die einzige Therapie besteht in der konsequenten Vermeidung der Milchproteine; für eine gesunde Entwicklung des Kindes müssen sie aber durch andere Proteinquellen pflanzlichen Ursprungs wie Soja oder Reis ersetzt werden. Für Neugeborene gibt es hypoallergene Milchersatzprodukte (HA-Milch), deren Proteine teilweise hydrolysiert, das heisst mit Wasser gespalten wurden, so dass das Immunsystem sie nicht mehr erkennt.
Hühnerei-Allergie
Eier und insbesondere bestimmte Proteine aus dem Eiweiss rufen allergische Reaktionen hervor, die häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen beobachtet werden. Ihr Anteil bei den Nahrungsmittelallergien beläuft sich auf 30% bei unter Fünfzehnjährigen. Diese Allergie verschwindet üblicherweise mit der Zeit – etwa im Alter von vier bis sieben Jahren. Sie kann jedoch auch fortbestehen. Bei Erwachsenen macht sie 7% der Nahrungsmittelallergien aus.
Erdnuss-Allergie
Aufgrund ihrer gravierenden Folgen zählt die Allergie gegen Erdnüsse zu den gefährlichsten. Diese Form der Nahrungsmittelallergie steigt konstant und hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Leider verschwindet sie nicht mit dem Älterwerden.
Soja-Allergie
Soja ruft bei Kindern häufig allergische Reaktionen hervor. Meist entwickelt sich aber eine Toleranz, bevor das Kind das Schulalter erreicht.
Allergie gegen Schalenfrüchte
Schalenfrüchte wie Nüsse, Haselnüsse, Mandeln oder Pistazien zählen zu den bekannten Nahrungsmittelallergenen. Die von ihnen ausgelösten Symptome sind häufig hartnäckig und dauern lebenslang an. Wie bei den meisten Allergien besteht die einzige Therapie in der konsequenten Vermeidung des Allergens. Gut zu wissen: Kokosnüsse gehören nicht zu Schalenfrüchten.
Allergien gegen Fisch und Meeresfrüchte
Fische, Schalentiere und Weichtiere verursachen ebenfalls häufig Nahrungsmittelallergien, die lebenslang bestehen. Wer auf Fisch allergisch reagiert, muss nicht unbedingt eine Meeresfrüchteallergie haben (und umgekehrt), aber er ist häufig gegen verschiedene Fischarten allergisch. Auch hier besteht die einzige Behandlung in der Meidung des Allergens.
Sesam-Allergie
Sesam, ein Samen, kommt oft in asiatischen Gerichten sowie in salzigem Gebäck vor. Er enthält Proteine, die allergische Reaktionen hervorrufen können. Eine einmal entwickelte Allergie besteht auch im Erwachsenenalter weiter. Dagegen hilft nur ein kompletter Verzicht auf den Auslöser.
Die unterschiedlichen Formen von Nahrungsmittelunverträglichkeit
Laktoseintoleranz
Laktose (Milchzucker) wird im Dünndarm mithilfe des Enzyms Laktase abgebaut und in Glukose und Galaktose gespaltet. Auch wenn die meisten Menschen diese beiden Moleküle gut vertragen, kann ein Laktasemangel (und damit die Unfähigkeit Laktose zu verdauen) Laktoseintoleranz hervorrufen. Besonders Asiaten und Afrikaner produzieren dieses Enzym in geringen Mengen oder gar nicht; sie sind daher meist laktoseintolerant. Ein grösserer Teil der Europäer verträgt hingegen mittlere Laktosemengen recht gut.
Menschen, die zu geringe Mengen Laktase produzieren oder zu viel Laktose zu sich genommen haben (z.B. beim Käsefondue), erkranken an Übelkeit, Bauchkrämpfen, Blähungen und Durchfällen. 15 bis 20% der Schweizer Bevölkerung leiden daran.
Histaminintoleranz
Etwa 1% der Schweizer Bevölkerung ist von Histaminintoleranz betroffen. Das Molekül Histamin bildet sich beim Fermentieren, Reifen oder Verfaulen in Produkten wie Wurstwaren, Trockenfleisch, reifem Käse, Wein, Sekt, Bier, Essig, aber auch Erdbeeren, Tomaten oder Schokolade.
Zu den möglichen Beschwerden zählen Hautrötungen, Blähungen oder Durchfall, ausgelöst durch eine Funktionsstörung des Enzyms Diaminoxidase, das am Histaminabbau beteiligt ist. Schokolade, einige Käsesorten, Wurstwaren, Rosinen und Wild enthalten eine Tyramin genannte Substanz, die vergleichbare Reaktionen auslöst.
Glutenunverträglichkeit
Gluten ist Bestandteil verschiedener Getreidesorten (Weizen, Roggen, Hafer) und kann eine komplexe Autoimmun-Reaktion auslösen – der Organismus richtet seine Immunreaktion gegen sich selbst. Diese Krankheit wird Zöliakie genannt. Bei Kindern zeigen sich die Symptome hauptsächlich durch Entwicklungsstörungen und Magen-Darm-Beschwerden, während betroffene Erwachsene oft an Anämie oder Osteoporose leiden. Gegen diese Erkrankung hilft eine Ernährungsumstellung, die Gluten komplett vermeidet.
Sulfit-Intoleranz
Sulfite sind Zusatzstoffe (Additive), die vor allem in Weisswein und Champagner vorkommen. Sie können zu Kopfschmerzen, Übelkeit oder Asthma führen.
Was sind Kreuzallergien?
Wenn Sie einen Apfel gegessen haben, kribbelt Ihre Zunge und Sie leiden gleichzeitig an einer Pollenallergie? Dann leiden Sie nicht an einer plötzlich auftretenden Apfelallergie, sondern an einem seltenen Phänomen: einer Kreuzreaktivität oder Kreuzallergie. Damit wird eine Abwehrreaktion gegen ein weit verbreitetes Allergen (Pollen) bezeichnet, die während des Essens eines Nahrungsmittels (Apfel) auftritt, dessen Proteine dem Allergen ähneln. Das Immunsystem verwechselt also die im Apfel enthaltenen Proteine mit Pollen und löst dadurch eine allergische Reaktion aus, die sich durch Prickeln oder Jucken im Mund, einer geschwollenen Zunge oder gefühllosen Lippen zeigt.
Die unterschiedlichen Formen von Kreuzallergien
Nahrungsmittelallergien bei Erwachsenen und Kindern ab fünf Jahren gehen häufig mit Heuschnupfen oder anderen Atemwegsallergien z.B. gegen Tierhaar, Latex oder auch Milben einher. Schätzungsweise entwickeln 55% der gegen Pollen allergischen Menschen (fast eine halbe Million in der Schweiz) eine Kreuzallergie gegen Nahrungsmittel. Diese Nahrungsmittelallergien werden vermutlich von der Pollenallergie verursacht.
Zu den häufigsten Kreuzallergien gehören einige, die eine gewisse Konsequenz zeigen wie die Abwehrreaktion auf Haselnusspollen und Haselnüssen. Aber es gibt auch andere, die weniger einsichtig sind, wie die Reaktivität zwischen Latex und Kiwis oder zwischen Milben und Krabben. Es handelt sich demzufolge um eine komplexe und schwer zu analysierende Allergie, die dennoch häufig vorkommt.
Livre
Allergie alimentaire chez l’enfant : quelle prise en charge en 2011 ? J. Wassenberg, M. Hofer, Y. Perrin, P. Eigenmann; Rev Med Suisse 2011.
Les allergies. Suzy Soumaille; J’ai envie de comprendre (Edition MEDECINE & HYGIENE)